Ich muss gestehen: Nach meinem Longlegs-Kinobesuch, habe ich - völlig untypisch für mich - eine gefühlte Ewigkeit darüber nachgedacht, ob ich überhaupt eine Review schreiben soll, denn ich wusste schlichtweg nicht, - vor allem ohne Rewatch - wie ich diesen Film zusammenfassen soll, beziehungsweise was genau ich davon halten soll.
Doch klappern wir zuerst mal die „Fakten“ ab:
Seit Ari Asters Hereditary (2018), kann ich mich an keinen einzigen Genretitel erinnern, der bereits monatelang vor dem ET, einen derart brutalen Hype durchlebt hat und den man marketingtechnisch so gekonnt & clever ausgeschlachtet/aufgeblasen hat. Vor allem aber die Pressevertreter jeglicher Sektionen haben sich auf den neuen Titel von Oz Perkins gestürzt und ihn mit Vorschusslorbeeren überschüttet. So wird er zum Beispiel als „gruseligster Film des Jahrzehnts“ betitelt und als „einer der besten Filme des Jahres“ gefeiert. Doch ein ganz prägnanter Vergleich, eine Parallele hat mich bereits im Vorfeld extrem hellhörig werden lassen, und zwar die direkte Linie zu „Das Schweigen der Lämmer“. Genau an diesem Punkt werde ich nun in die Filmkritik einsteigen und versuchen, auf einige Details einzugehen, ohne jedoch zu spoilern.
Also: Gleich vorneweg muss ich eine Sache klarstellen: Das ist nicht der gruseligste Film des Jahrzehnts. NEIN!!! Das ist nicht der beste Serienkiller-Film überhaupt. NEIN!!! Und Longlegs ist KEIN 2. Schweigen der Lämmer. NEIN!!! Zugegebenermaßen: Vom Setting her, in Bezug auf die atmosphärische Komponente, dem Sounddesign und der Tatsache, dass wir auch hier wieder eine weibliche FBI-Agentin haben, lässt sich der Vergleich ansatzweise ziehen, ja, der Rest allerdings hat nichts mit dem Meisterstück aus den 90ern zu tun.
Ich würde Longlegs grundsätzlich in drei grobe Teile untergliedern, und zwar in den „Einführungspart“, den „Ermittlungspart“ und den „Okkultismus-Part“. Ganz stupide und platt aufgesplittert. So. Den ersten Teil habe ich wirklich geliebt (vor allem diese richtig geile Opening-Szene mit Nic Cage), da Oz Perkins extrem viel Wert darauf gelegt hat, die Protagonistin ordnungsgemäß einzuführen (auch wenn sie unnahbar & unsympathisch daherkommt.) und man so immens viel an Stimmung und Atmosphäre aufnehmen darf, sodass ich bereits nach den ersten 10 Minuten voll investiert war. Soll heißen: Ich war zu 100 % in diesem Film drin und das passiert mir wahrlich selten. Auch stilistisch ist das Ganze von Oz Perkins hervorragend angelegt, mit viel Freiheit zur künstlerischen Ausprägung. Von der Farbgebung, über die Kameraarbeit, bis hin zum Cut, ist das schon qualitativ hochwertig, das muss man schon sagen. Na ja. Dann geht es über in Part II: Hier wird fleißig ermittelt, da es gilt, einen „Serienmörder“ zu finden, der eigentlich gar kein Serienmörder sein kann, weil er zum Zeitpunkt der Morde nicht einmal anwesend war und sämtliche Morde infolgedessen nicht selbst begangen haben kann. Keine DNA, keine Spuren, nichts.
Ich so: WHAT? Wie geht das denn? Fand‘ ich aber an dieser Stelle richtig nice. Bis zu diesem Zeitpunkt stellt man sich noch die Frage: Wie sieht dieser Killer Longlegs nun aus? (Und hier liegt dann auch schon der erste Hund begraben.) Da man Nic Cage als Longlegs vor dem ET nie gesehen hat und keine Publicity mit seiner Ästhetik betrieben wurde, allerdings verlauten hat lassen, er sei der krasseste und abgefuckteste Serienkiller aller Zeiten, der so unheimlich/grausam aussieht, dass man als Zuschauer schockiert sein wird, hat man sich letztendlich mit dieser Aktion selbst ins Knie geschossen. Die Erwartungshaltung stieg somit ins Unermessliche. Also: Solange man Longlegs nicht zu Gesicht bekommt, haltet sich die (An)Spannung des Films so konstant hoch, dass man in dieser Zeit eigentlich seine zehn Fingernägel abkauen müsste. Doch ab dem Moment, wo Nic Cage das erste Mal sichtbar wird, verliert der Film abrupt seinen Glanz (Liegt es am Konzept per se, am Overacting, …? Ich weiß es nicht.) und dümpelt sich so langsam aber sicher zum surrealen Part III. Hier wird es dann richtig okkult, was ich einfach schade finde (Nicht falsch verstehen: Ich liebe Okkultismus in Filmen), denn Longlegs hätte so einen schwachsinnigen und unausgegorenen Twist nicht gebraucht. Plötzlich läuft alles aus dem Ruder. Storykomponenten passen nicht mehr zusammen, Figuren verhalten sich derart unglaubwürdig, bis hin zu einem überaus lapidaren Schlussakt, der sogar noch per Erzählstimme aus dem Off verarbeitet wird. Leute? Euer Ernst? Wir haben 2024!
Und so wird aus einer eigentlich straighten Ermittlungsgeschichte ein gänzlich surreales Teufelszeug mit Betriebsanleitung. Und da muss ich Oz Perkins schon die Frage stellen: ALTER WARUM VERDAMMT?????????? Warum lässt du diesen an den Haaren herbeigezogenen okkulten Mist nicht einfach beiseite und erzählst uns die Geschichte von Longlegs bodenständig zu Ende? Das weiß wahrscheinlich nur der Teufel selbst.
Inhaltsangabe:
Die ungemein intuitive FBI-Agentin Lee Harker (Maika Monroe) wird in den 1990er Jahren auf einen ungelösten Serienkiller-Fall angesetzt. Eine Reihe brutaler Tode zieht sich durch Familien im US-Bundesstaat Oregon. Jedes Mal tötete der Vater seine Frau und Kinder, bevor er sich selbst das Leben nahm. Am Tatort bleibt nur ein satanisch verschlüsselter Brief zurück, der mit "Longlegs" unterschrieben ist.
Je weiter Lee ermittelt, desto mehr verstörende Aspekte treten zutage.
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