Müsste ich die drei größten Regie-Projekte von Jordan Peele in eine für mich qualitative zuordenbare Reihung bringen, würde „NOPE“ mit Sicherheit auf dem ersten Platz landen, dicht gefolgt von Regiedebüt „Get Out“; die Nachhut bildet dann Folge dessen sein wahrscheinlich extrovertiertester Titel: „Us“. Das soll jetzt keinesfalls der Startschuss dafür sein, über diesen kontroversen, gesellschaftskritischen Thriller(!?) herzuziehen, dennoch möchte ich hier eine klare Trennung stattfinden lassen. Was den kommerziellen Erfolg an der Kinokasse betrifft, so haben alle drei Titel sensationelle Erfolge zu verzeichnen. („Get Out“: Budget – 4,5 Mio. USD / Einspielergebnis – 255,4 Mio. USD, „Us“: Budget – 20 Mio. USD / Einspielergebnis – 256 Mio. USD, „Nope“: Budget – 68 Mio. USD / Einspielergebnis – 170,8 Mio. USD) Und man darf bei Jordan Peele nicht vergessen, dass man es hier mit einem unfassbar talentierten, preisgekrönten Filmemacher zu tun hat, der es zudem geschafft hat, mit einem „Horrortitel“ („Get Out“ – obwohl ich den persönlich mehr im Drama-Segment, als in der Horrorecke sehe.), für den Oscar (2018) in der Kategorie „Bester Film“ nominiert zu werden. Bislang wurden von der Academy nur fünf weitere Titel dieser Gattung berücksichtigt: „Der Exorzist“ (1974), „Der weiße Hai“ (1976), „Das Schweigen der Lämmer“ (1992), „The Sixth Sense“ (2000) und „Black Swan“ (2011) - Wobei man über „Black Swan“ und „Das Schweigen der Lämmer“ durchaus diskutieren kann.
Worauf ich eigentlich hinauswill: Ich oute mich gerne als riesengroßer Jordan Peele Fan und finde alle seine Werke herausragend, obgleich ihrer speziellen Konzeption. Klar ist auch, dass sich bei mehreren Titeln desselben Regisseurs eben Favoriten herauskristallisieren. That’s it! Jedenfalls habe ich alle seine Titel mindestens 10x gesehen, um mir da auch meine persönlichen Rundum-Eindrücke bilden zu können. So viel dazu.
Kommen wir nun zum Thema. „WIR“ oder wie es im Original heißt „US“. Zur Handlung, so spoilerfrei wie nur möglich:
Familie Wilson (Adelaide, Gabe, Zora, Jason), vor allem Adelaide, möchte eigentlich nur ein paar relaxte Sommertage im Haus ihrer Kindheit an der kalifornischen Küste verbringen. Blöd nur, dass plötzlich vier unheimliche Personen in der Einfahrt auftauchen, die ihr und ihren Familienmitgliedern verdammt ähnlich sehen. (Warum das so ist, was diese ominösen Gestalten vorhaben und was uns Jordan Peele damit verklickern möchte, lasse ich an dieser Stelle unkommentiert.)
Nur am Rande: Diese Reihung, die ich zu Beginn der Besprechung aufgestellt habe, hat nichts mit der Qualität von „Us“ zu tun, sondern bezieht sich einfach nur darauf, dass mir die Thematik bei den anderen beiden Titeln, einen Tick besser gefallen hat.
Da meine Ausführungen schon ausschweifend genug waren und ich bei diesem Titel verdammt schwer ins Detail gehen kann, ohne euch vom Inhalt zu viel zu verraten, kürze ich die Besprechung ein wenig ab. Aber gestattet mir diese eine rhetorische Frage: Was hat Peele denn hier für ein geiles Ding abgeliefert? Also man kann von der inhaltlichen Komponente halten, was man möchte (obwohl man jede Menge gesellschaftskritische Aspekten rauslesen kann.), aber der Spannungsbogen von „Wir“ ist unmenschlich. Da wird ja permanent auf die Tube gedrückt. Fuß vom Gas? Absolute Fehlanzeige.
Damit meine ich nicht, dass der Film mit Action-/Kampfszenen vollgeballert wurde (keine Sorge, die gibt es auch), sondern ich spreche von dieser mentalen, folterartigen Anspannung, die er dem Kinopublikum auferlegt, ständig im Unwissen zu bleiben, bis man von der Endsequenz dankender Weise erlöst wird. Selbst wenn man diese kritischen Ebenen nicht sieht, nicht sehen will, keinen Bock hat, den Film in seine Einzelteile zu zerlegen, oder die Auflösung von „Wir“ als Schwachsinn abtut, so bleibt der Unterhaltungswert dennoch erhalten. Man muss das Ganze halt auch als komödiantisch angelegte Gesellschaftssatire betrachten, die einerseits immer wieder tragische Sequenzen liefert, andererseits aber auch oft zum Lachen und Schmunzeln einlädt.
Diese herrlich-skurrile Mixtur aus mehreren Genre-Gattungen und verschiedenen Betrachtungswinken, hat mich knapp zwei Stunden an meine Couch gefesselt.
Inhaltsangabe:
Eigentlich will Adelaide Wilson (Lupita
Nyong'o) nur mit ihrem Mann Gabe (Winston Duke) und den beiden Kindern entspannte Sommertage im Haus ihrer Kindheit verbringen. Doch nach einem Tag am Strand kann von Entspannung keine Rede mehr
sein, als vier unheimliche Gestalten in der Einfahrt ihres Hauses auftauchen. Die furchteinflößenden Fremden sehen den Wilsons nicht nur verstörend ähnlich, sondern dringen auch aufs Brutalste in
die heile Welt der Familie ein ...
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