FILMKRITIK: „ENOLA HOLMES“ (Mystery/Krimi - 2020)



Völlig unvoreingenommen, absolut wertfrei und nicht minder erwartungsarm, habe ich mir nach langem Aufschub, endlich diesen Film gegönnt. Und ich muss sagen: Chapeau & Bravo! Auch wenn man es zu Beginn der Reise vielleicht kaum für möglich gehalten hätte, so hat sich Enola aus dem Hause Holmes, als DIE feministische Kämpferin herausgestellt, die der Filmindustrie eindeutig noch gefehlt hat.


Sie ist nicht nur überaus schlagfertig, mit allen Wassern gewaschen, hat einen bewussten Drang zur Lebenslust und stets einen flotten Spruch auf den Lippen, sie rechnet auch mit sämtlichen Klischees und Strukturen ab, die dem weiblichen Geschlecht - zur damaligen Zeit - klar angedichtet wurde, und sagt somit der ganzen (Männer-)Welt den Faustkampf an. Eine großartige Figur, die Nancy Springer hier wiederentdeckt und Harry Bradbeer schlussendlich visualisiert zum Leben erweckt hat. Aber nicht nur Enola per se ist großartig, auch die Umsetzung kann sich echt sehen lassen: Hier steckt so immens viel Liebe zum Detail drin, die optische Darstellung weiß mit ihrer Eigenwilligkeit zu überzeugen, das Screenplay ist erstklassig, Millie Bobby Brown macht ihre Sache ganz, ganz hervorragend, die Soundbegleitung tut ihr übriges und das Storytelling an sich hat wirklich wunderbar funktioniert. Ich bin ehrlich gesagt überhaupt kein Befürworter, die Vierte Wand zu durchbrechen und dem Publikum den letzten Rest an Intimität vor dem Bildschirm zu rauben, aber in der Art und Weise wie Enola das macht, wie sie mit diesem technischen Mittel immer wieder versucht, spielerisch und humoristisch, die Zuseher auf ihre Seite zu ziehen, das ist schon ganz großes Kino.


Zwei kleine Kritikpunkte hab‘ ich dennoch: Phasenweise lassen sich kleine Pacing-Probleme feststellen, die den harmonischen Rhythmus des Films etwas aus der Bahn geworfen haben. Auch die Handlung kann ihr anfänglich starkes Niveau nicht bis zum Ende hinhalten. Und man merkt dem Film das relativ geringe Budget von 21 Millionen an, was vor allem dann sichtbar wird, wenn man es einerseits mit Actionszenen, andererseits mit Detailaufnahmen zu tun bekommt. Am Ende bleibt aber eines übrig: Unterhaltung pur.


Inhaltsangabe:


Anders als ihre berühmten älteren Brüder Sherlock und Mycroft führt Enola Holmes ein freies, aber abgeschiedenes Leben auf dem Land – bis eines Tages ihre Mutter verschwindet und ihr neben versteckten Banknoten auch einige verschlüsselte Hinweise hinterlässt. Heimlich macht sich Enola auf den Weg ins düstere viktorianische London, um ihre Mutter zu suchen. Doch dort wird sie in die Entführung eines jungen Lords verwickelt und muss in zwielichtigen Gegenden vor mörderischen Gaunern fliehen – immer auf der Hut vor ihren scharfsinnigen Brüdern, die sie zur Erziehung in ein Internat stecken wollen. Wird sie es zwischen all dem Chaos schaffen, die Hinweise zu entschlüsseln und gleichzeitig dem Internat zu entkommen? Der erste Band einer rasant spannenden Buch-Serie über die sympathische kleine Schwester von Meisterdetektiv Sherlock Holmes.

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