Rezension: "Zirkus der Wunder“ von Elizabeth Macneal

Als ich den Titel vor Monaten in der Eichborn Verlagsvorschau entdeckt hatte, kamen mir umgehend zwei Aspekte in den Sinn:


  1. Elizabeth Macneal ist eine BRUTAL BEGNADETE ERZÄHLERIN! Ihr Roman „The Doll Factory“ hat mich von der erste Seite an derart gepackt, dass ich hinterher regelrecht verblüfft war, mit welcher Geschwindigkeit ich da durchgerast bin! Und obwohl die Erzählweise der Autorin an sich sehr bedacht, sehr verlegen und extrem detailorientiert daherkam, war ich von dieser Art des Schreibens mehr als angetan. Ich war regelrecht gefesselt. Ganz und gar hingerissen. Es ist nicht nur ihre Verliebtheit zur Sprache die mich so beeindruckt hat, auch diese unverblümte Selbstverständlichkeit Spannungsbögen zu bauen, ohne aber die Grenzen zu durchbrechen und völlig zu übersteuern, finde ich ganz schön sexy!
  2. Dachte ich nur: Was für ein umwerfender Plot, was für eine tolle Cast, was für ein COVER!!! Sofort war ich aufgrund dieser Vorabinformationen an „Der Nachtzirkus“ erinnert. Es hat aber auch einen Touch „Wasser für die Elefanten“, ein bissen „Carnival“ und einen Hauch  „Nightmare Alley“. Und wisst ihr was? So eine ähnliche Mixtur gab‘s schlussendlich auch! Solltet ihr euch damit identifizieren können: Go for it!


Als Faustregel gilt also: All jene die „The Doll Factory“ mögen, lieben und vergöttern, müssen auch UNBEDINGT zum „Zirkus der Wunder“ greifen. Alle anderen sollten sich prompt beide Romane besorgen, alles aufs Glatteis schieben und sofort mit dem Lesen beginnen. Warum? Weil Elizabeth Macneals Konzept darin besteht, Figuren zum allerwichtigsten Faktor einer Handlung zu erklären, sie förmlich zum Leben zu erwecken, überall atmosphärische Elemente auf den Leser herniederregnen zu lassen und eine Story mit einer riesigen Portion Feingefühl, Engagement und Liebe entstehen zu lassen. Und das spürt man.

Zu jeder Zeit. Außerdem hat sie das viktorianische Zeitalter perfekt in Szene gesetzt und ihre Charaktere blitzsauber platziert. Ja, ich muss es wahrlich zugebeben: Mit ihrer unnachahmlichen Weise, ihrer Geschichte - inhaltlich, aber auch stilistisch - Glanz zu verleihen, sie zu strukturieren bzw. wie sie ihre Handlungsfäden charmant aneinanderknüpft, das beeindruckt mich erneut zutiefst. Dieses Mal aber beweist sie nicht vorrangig ihr Talent als Genregrenzgängerin, wie sie es in „The Doll Factory“ getan hat, sie fokussiert sich auf ihre geradlinige Stilsicherheit und bleibt ihrer dramaturgischen Linie treu. Aber das Wissen um ihr Können, jedes x-beliebige Territorium betreten und vor der kritischen Leserschaft verteidigen zu können, hat einfach die allergrößte Anerkennung verdient und die kriegt sie von mir auch.


Um es kurz zu machen: EMPFEHLUNG!!!


Inhaltsangabe:


Südengland, 1866. Die junge Nell, von Muttermalen gezeichnet, wird von den anderen Dorfbewohnern gemieden - bis "Jasper Jupiters Zirkus der Wunder" im Ort kampiert. Nells skrupelloser Vater wittert ein Geschäft und verkauft sie als "Leopardenmädchen" an Jasper. Doch was als traumatische Erfahrung beginnt, scheint sich als Glücksfall zu erweisen: Erstmals findet Nell eine echte Heimat. Sie schließt Freundschaften, verliebt sich in den sensiblen Toby - und wird, als "achtes Weltwunder" gefeiert, zum Star des Zirkus. Doch mit dem Ruhm stellen sich neue Probleme ein.

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