Nehmt es mir dieses Mal bitte nicht übel, dass ich die Buchbesprechung zu „MIMIK“ etwas mickrig, bzw. gar ganz ausfallen lasse, das Folgende aber dennoch etwas ausblase, denn ich möchte viel lieber an den Anfang springen und die ganze Thematik „Fitzek“ kurz aufrollen. Dazu muss ich ein klein wenig ausholen:
Ich weiß nicht, wer von euch auch das Glück hatte, Fitzeks Anfänge mitzuerleben, aber ich war tatsächlicher einer der wenigen Personen, die seinen Erstling blind und völlig ahnungslos aus dem Regal gefischt haben, unbeeindruckt vom miesen Cover der TB-Erstauflage, aber brutal geflasht von dem tollen einzigartigen Plot, der ein wenig an Katzenbach erinnerte. Lange Rede kurzer Sinn: Ich bin damit zur Ladentheke und hab’ das Ding schlussendlich gekauft. Wird schon nicht so schlecht sein, dachte ich.
Nun: Meine Ausgabe sieht heute - und das ist wirklich kein Scherz - wie folgt aus:
Der Einband ist noch recht intakt, der Titel „Die Therapie“ noch gut lesbar, das Innenleben aber ein einziger, irreparabler Unfall: Auf Seite 5-8 befinden sich schwarze Rußspuren (weiß der Geier wo die herkommen), Seite 10 ziert ein riesiger Kaffeefleck, zwischen 15 und 20 sind immer mal wieder dunkle Fingerabdrücke zu sehen, die 44 hat ‘nen Saftklecks, die 52 ‘nen herabfallenden Tautropfen abgekriegt und auf der glatten 60 hat sich eine Taube verewigt. Ein einziger Schandfleck.
Normalerweise gehe ich mit meinen Büchern überaus sensibel vor, und bin extrem gewissenhaft, das war bei Fitzeks Debüt schlicht und einfach nicht drin.
Ich bin einfach froh, dass die Ausgabe meinen Nachhauseweg überlebt hat: Schließlich war ich einige Kilometer zu Fuß unterwegs, trank währendessen Kaffe, musste das Buch irgendwie halten, stolperte, fiel, versuchte die letzten Meter geradeaus zu gehen, mich nicht nochmal in die stabile Seitenlage zu legen und mir den Kopf aufzuschlagen, kurz: lebend zuhause anzukommen. Mir gehts gut, aber die Ausgabe ist im Ar***! Danke Sebsatian!
Was ich damit sagen will: Ich liebe Fitzek, seit dem ersten Satz, kenne Viktor Larenz länger und besser, als manch eigenes Familienmitglied. Meine Meinung basiert also nicht auf erst kürzlich erworbenen Versatzstücken, die fälschlicherweise für fundierte Eindrücke gehalten werden könnten, sondern auf einer verdammt langjährigen „Fanschaft“, die mich mit Fitzek verbindet, auch wenn er davon nichts weiß und vermutlich auch nichts wissen will.
Wie ging’s dann weiter:
„Die Therapie“ - sensationell, „Amokspiel“, „Das Kind“, „Der Seelenbrecher“, „Splitter“, „Der Augensammler/Augenjäger“, „Abgeschnitten“, „Der Nachtwandler“, allesamt hervorragend konzipierte Thriller. Doch dann kam „Noah“ und hat mich leider zum ersten Mal (ver)zweifeln lassen.
Es folgte „Passagier 23“, der mir in schriftstellerischer Hinsicht überhaupt nicht gefiel. Kurzen Auftrieb gab’s dann beim völlig ungezwungenen Marketing-Gag - „Die Blutschule“ - die Ernüchterung folgte aber prompt: „Das Joshua Profil“. Dicke, aufgeblasene Nummer, die kaum in die Gänge kommt, auf der Stelle trabt und inhaltlich auch nicht wirklich viel zu bieten hat.
Auch „Das Paket“, „Achtnacht“ und „Flugangst 7A“ haben mich im negativen Sinne gekillt: „Viel zu konstruiert, viel zu unlogisch verschachtelt, platte Dialoge, Cliffhanger ohne Ende, usw.
Ich dachte: Ist das das Ende einer Ära?
Doch dann kam „Der Insasse“ und hat mich wieder in den Sessel gedrückt. Genauso, wie es Fitzeks Therapie getan hat. Na gut, den Schlussakt hat er sich an den Haaren herbeigezogen, aber der Weg dorthin war Masterclass! Dort hätte man qualitativ unbedingt anknüpfen MÜSSEN, doch es folgte „Das Geschenk“, „Der Heimweg“ und „Playlist“.
Für mich bleibt bis hierhin folgende harte Erkenntnis: Als die Bücher noch „schei**e“ aussahen, gabs inhaltlich voll auf die Zwölf, seitdem das aber eine einzige Marketingmaschinerie geworden ist, wurde zwischen den Buchdeckeln ausgedünnt und der Inhalt leidet/litt stark darunter. Auch dieses Platzhirsch-Gehabe, jedes Jahr ein Buch auf den Markt bringen zu müssen, haut der Qualität einen Knüppel zwischen die Beine.
Nun zum Kern der Sache: Auch wenn ich Fitzek liebe und sein langjähriges Dasein als deutscher Thrillerautor schätze, muss ich objektiv bleiben und zu Kritik greifen. Denn alles was er nach „Das Joshua-Profil“ abgeliefert hat - mit Ausnahme der oben genannten Titel - war nicht besonders erfrischend, lasst es mich mal so ausdrücken. Ich lege meinen Fokus dennoch stets auf jene Werke, bei denen er abgeliefert hat und nich auf die, die ihm missglückt sind.
Was ist nun mit „MIMIK“???
Nach knapp 100 gelesenen Seiten bin ich zu einem Entschluss gekommen: Mir persönlich hat das Ganze nicht gefallen. Überhaupt nicht! Die Charaktere sind extrem schwach ausgearbeitet, ohne einen Funken Tiefgang, die Dialoge sind eine wahre Zumutung und die Handlung per se schleppt sich inhaltsleer, völlig stupide konstruiert von Cliffhanger zu Cliffhanger. Selbst die Ausführung (Satzbau, Wortwahl, usw.) war teilweise ganz schön unterirdisch und hatte bestenfalls Grundschulniveau.
Es tut mir wirklich leid, dass ich das so in aller Deutlichkeit anspreche, aber nur weil wir es hier mit einem Thriller zu tun haben, muss ich doch meine literarsichen Ansprüche nicht über Bord werfen, oder? Mit Sicherheit NICHT!!! Sry Leute, aber da gab‘s 2021 UM LÄNGEN(!!!) bessere Titel, die man eher zur Hand nehmen sollte.
Bei allem Respekt für Verlag und Autor, aber für diesen ausgedehnten Nonsens gibt’s von mir definitiv keine Empfehlung.
Inhaltsangabe:
Ein winziges Zucken im Mundwinkel, die kleinste Veränderung in der Pupille reichen ihr, um das wahre Ich eines Menschen zu „lesen“: Hannah Herbst ist Deutschlands erfahrenste Mimikresonanz-Expertin, spezialisiert auf die geheimen Signale des menschlichen Körpers. Als Beraterin der Polizei hat sie schon etliche Gewaltverbrecher überführt.
Doch ausgerechnet als sie nach einer Operation mit den Folgen eines Gedächtnisverlustes zu kämpfen hat, wird sie mit dem schrecklichsten Fall ihrer Karriere konfrontiert: Eine bislang völlig unbescholtene Frau hat gestanden, ihre Familie bestialisch ermordet zu haben. Nur ihr kleiner Sohn Paul hat überlebt. Nach ihrem Geständnis gelingt der Mutter die Flucht aus dem Gefängnis. Ist sie auf der Suche nach ihrem Sohn, um ihre „Todesmission“ zu vollenden? Hannah Herbst hat nur das kurze Geständnis-Video, um die Mutter zu überführen und Paul zu retten. Das Problem: Die Mörderin auf dem Video ist Hannah selbst!
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Jürgen (Montag, 07 November 2022 13:32)
Herzlichen Dank für diese ehrliche Rezension, die meiner Meinung zum neuen Fitzek-Thriller schon näherkommt. Meine Eindrücke decken sich weitestgehend damit, und ich kann Dir verraten: Das Buch wird in der zweiten Hälfte nicht besser! Da hat mir die Einleitung noch besser gefallen als das stupide "nach Action und Brutalität sabbernde" Geschacher zum Schluß. Doch einesmacht mir Deine Rezension bewusst. Die Fitzeks, die ich gelesen habe, fallen bei Dir allesamt durch. Vielleicht sollte ich tatsächlich in der Buchhandlung oder im nächsten Bücherschrank mal nach den alten Romanen der ersten Stunde von ihm Ausschau halten.
Danke für Deine Rezension.
Jürgen von Auszeit-Geschichten.de
Katharina (Freitag, 24 November 2023 04:28)
Danke! Hab das Buch Mimik zum Schluss nur noch überflogen, weil ich wissen wollte wie es ausgeht. Das Ganze liest sich wie ein äußerst skurriler Fiebertraum- und macht genauso viel Sinn. Leider. Den Plotttwist in punkto falsches Geständnis erahnt man schon nach den ersten Seiten, die abstruse Schnitzeljagd mit Blankenthal ist einfach nur anstrengend, das Ende- naja. Ich mag den früheren Fitzek auch sehr, aber die Neuerscheinungen von ihm sind leider gar nichts für jemanden, der einen Mindestanspruch an Logik an einen Thriller hat.
Mary (Donnerstag, 07 Dezember 2023 14:20)
Ich bin mit dem Lesen fertig geworden. Fand das Buch etwas langweilig und sehr kompliziert und durcheinander. Weiß auch das Ende aber habe eine Präsentation dazu. Hat wer eine gute Zusammenfassung zu der Handlung weil habe kein Plan wie ich es vorstellen soll (?)