Rezension: "Gwendys Zauberfeder“ von Richard Chizmar

Es ist wieder passiert: Der Teufel ist nach Maine zurückgekehrt und treibt in der Stadt Castle Rock sein verheerendes Unwesen, abermals in der Form eines kleinen Holzkästchens, das unscheinbar anmutet, aber gefährlicher nicht sein kann.


Während King bei Band 1 noch kräftig auf die Tube gedrückt hat und den Leser bei der eigenen Fehlbarkeit, bei der Eitelkeit packte, betreibt Chizmar beim Nachfolgerroman eher Umkehrpsychologie. Er entschleunigt den Text komplett, braucht eine gefühlte Ewigkeit um in die Gänge zu kommen und „überzeugt“ schlussendlich damit, in Detailverliebtheit zu verfallen, Strukturen zu schaffen, die überaus komplex sind und - zugegebenermaßen - mit dem Vorgänger kaum etwas gemein haben. Ja ich weiß: Die Protagonistin scheint - zumindest auf dem Papier - dieselbe zu sein, aber ich muss gestehen, dass sie sich beim Lesen dennoch wie ein völlig neuer Charakter angefühlt hat. Dies ist für Einsteiger, die Gwendys Wunschkasten noch nicht kennen, durchaus reizbar, für Fans, die sich einen starken, authentischen Nachfolger erwartet haben, etwas ernüchternd. Das muss man leider so sagen. Irgendwie zieht sich die Story unnötig in die Länge. Naja.

Jedenfalls erklärt King im Vorwort von Gwendys Zauberfeder, dass er aus irgendeinem Grund nicht „fähig“ war, der Geschichte von Gwendy einen vernünftigen Background anzuheften. Man glaubt es kaum: Auch der Großmeister braucht mal Hilfe. Und wozu sind gute Freunde schließlich da? Auftritt: Richard Chizmar.

Die Friendship in allen Ehren, aber das Ergebnis hat mir schlichtweg nicht gefallen. Angefangen bei der „weiterentwickelten“ Protagonistin, die wenig Sympathie mitbekommen hat, äußerst reserviert wirkt und emotional fünfzehn Schritte zurück geht, bis hin zum langwierigen Handlungsverlauf, der mit Kings ursprünglicher „Einleitung“ nichts mehr zu tun hat. Ich liebe Chizmar, ja das tue ich wirklich, aber hier hat mich das Gesamtpaket einfach enttäuscht zurückgelassen. Man merkt, dass man es hier zwar mit Kings Grundidee zu tun hat, die Ausführung jedoch ein falsch interpretiertes Puzzleteil zu sein scheint, das Anschluss zu finden versucht und letztendlich nur gewaltvoll in die Lücke gezwängt wurde.


Inhaltsangabe:


Mit dem Winter hält das Böse wieder Einzug in der kleinen Stadt Castle Rock in Maine. Sheriff Norris Ridgewick und sein Team suchen verzweifelt nach vermissten Mädchen. Die Zeit läuft ihnen davon, sie lebend zu finden. Die 37-jährige Gwendy Peterson ist nun Politikerin in Washington. Vor 25 Jahren wurde sie hier in Castle Rock von einem mysteriösen Mann mit einem seltsamen Wunschkasten betraut – oder verflucht? Damals konnte sie ihn wieder loswerden und hat ihn längst vergessen. Das mysteriöse Wiederauftauchen des Kastens führt Gwendy nun nach Hause ... wo sie vielleicht helfen kann, die vermissten Mädchen zu retten und einen Verrückten zu stoppen, bevor Grässliches passiert.

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