Rezension: "Unter dem Sturm“ von Christoffer Carlsson

Als ich „Unter dem Sturm“ zu lesen begann, da war ich zugegebenermaßen etwas irritiert: Die Erzählung fühlte sich überaus zurückhaltend, für einen Krimi untypisch detailreich an. Auch die scharfe, etwas prompte Einführung vieler Personen und Schauplätze hat sich anfangs ein wenig seltsam gestaltet. Da drängte sich mir zurecht die Frage auf: Schwedischer Bestseller Nr1? Doch je weiter ich vordrang, versuchte die Handlung ernst zu nehmen, der Geschichte die nötige Portion Aufmerksamkeit beigemessen hatte, so langsam wurde mir die Stärke und die Willenskraft des Roman bewusst. Es sind nicht die lakonischen Satzbauten (diese Art des Schreibens liebe ich eigentlich sehr!), die mich so überzeugt haben, - und um ehrlich zu sein - auch nicht das Hervortreten besonderer Merkmale in der Figurenzeichnung, auch nicht diese unverblümte Art, gewisse Handlungskomponenten nicht direkt anzupeilen, sondern galant zu umschreiben,…was mich schlussendlich wirklich überzeugt und zum Weiterlesen animiert hat, war der einerseits wirklich starke Plot, der sich perfekt in die örtlichen Gegebenheiten einpflegt, und andererseits die atmosphärischen Ebenen, die nicht nur authentisch rüberkommen, sondern der Geschichte auch einen brutal hübschen Glanz verleihen.

Man kann geradezu hören, wie die Grashalme wachsen, man erspürt die Charakteristik eines aufziehenden Unwetters, doch vor allem lässt sich die Ruhe vor dem Sturm deutlich ausmachen, die einem alles verändernden Unheil vorausgeht. Ich würde sagen, DAS ist die große Stärke von Carlssons Erzählung.

Der Fokus liegt hier definitiv auf dem Ausbau und Transport des Settings!


Klar, der Autor bedient sich - auf charmante skandinavische Weise - vieler Klischees, die dem Schwedenkrimi für gewöhnlich innewohnen, hat sie aber dennoch abgemildert, wohldosiert, sodass diese eine kaum merkliche Auswirkungen auf die Qualität des Textes haben.


Fazit: Carlsson ist Professor, Krimipreisträger und promovierter Kriminologe. Und wer einen Abschluss in Kriminologie besitzt, der weiß doch wie man einen ordentlichen Kriminalroman zustande bringt, oder? ODER??? Richtig!!! Denn für skandinavische Verhältnisse (das meine ich nicht abwertend, sondern im Hinblick auf die dortige Kultur, Krimis zu produzieren, die sich leider oftmals kaum unterscheiden) darf man sich hier einen etwas eigenwilligeren Krimi erwarten. Losgelöst von dem sonst so festgefahrenen Prozedere, das in dieser Sparte immer wieder mal Platz finden, hat der Autor auf eine etwas lockerer, distanziertere Form des Erzählens gebaut. Charmant und mit einem gewissen Weitblick für das Ganze, entwirft er einen etwas sanfteren Ton, der sich wirklich sehenswert in das Geschehen einfügt.


Inhaltsangabe:


Die Nummer 1 aus Schweden! 

In einer kalten Novembernacht 1994 wird im kleinen südschwedischen Marbäck die Leiche einer jungen Frau gefunden. Alles weist auf ein Verbrechen hin, und ein Täter ist schnell ausgemacht: Edvard Christensson unterhielt eine Beziehung mit ihr; wie sein Vater ist er berüchtigt für einen aufbrausenden Charakter. 

Edvard wird verurteilt, und der Frieden kehrt ins Dorf zurück. Nur nicht für Edvards siebenjährigen Neffen Isak, der Edvard vergöttert hat. Isak ist besessen von der Vorstellung, dass er den Keim des Bösen in sich trägt, wie sein Onkel, wie sein Großvater. 

Zehn Jahre später sitzt Isak nach einem Diebstahl vor Vidar, der als junger Polizist bei der Verhaftung von Edvard half. Und je mehr Vidar sich zurückerinnert, desto größer werden seine Zweifel an den Ermittlungen damals. Und dann verschwindet Isak. Vidar macht sich auf die Suche. Nach dem Jungen und nach der Antwort auf die Frage, was in jener Novembernacht wirklich geschah.

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