„Ich fange nicht gern mit einer Rechtfertigung an - wahrscheinlich gibt es dagegen sogar eine Regel wie die, einen Satz nie mit einer Präposition enden zu lassen -, aber nach dem Durchlesen der dreißig Seiten, die ich bisher geschrieben habe, glaube ich, das tun zu müssen.“ (Auszug Prolog - „Später“)
Wie ihr mit Sicherheit wisst, habe ich mit den Romanen von Stephen King so meine Probleme. Das liegt nicht an den Geschichten, an den Protagonisten, an der Atmosphäre, bzw. liegt es nicht am „Altmeister“ himself, sondern an der oftmals hinkenden, grausamen Übersetzung à la Bernhard Kleinschmidt.
Trotz diesem - wie ich finde - überaus großen Defizit, das sehr, sehr häufig zu spüren war/ist, überwiegt stets meine Neugier, die mich schlussendlich zur Bestellung der Novität bewegt hat.
Doch wie sieht das nun bei „Later“ aus? Handelt es sich hierbei abermals um eine starke authentische Geschichte, die von Kleinschmidt völlig unliebsam demoliert wurde, oder greifen dieses Mal die feinen Zahnrädchen ineinander und heben Stephen Kings Erzählung wieder auf jenes ehrbare Podest, wo sie auch hingehört?
Entwarnung: Die Übersetzungs-Misere hält sich in Grenzen. Dieses Mal passt sich die deutsche Ausgabe etwas besser an die Gegebenheiten an, gibt dem Hauptcharakter eine glaubwürdige, unverfälschte Stimme und lässt Kings ausschweifendem Sound genügend Zeit und Raum zur Entfaltung. Ganz schön komisch oder, wenn man bedenkt, dass diese Geschichte lediglich 300 Seiten hat? Aber so habe ich das nun mal empfunden. Und ich weiß, ihr liebt diese 1.000 Seiten-Wälzer von King und er ist auch ein begnadeter Schriftsteller, aber ich persönlich ziehe die Shortvarianten vor, denn so wirkt das Gesagte viel komprimierte und wohldosierter. Denn JEDER Autor verzettelt sich früher oder später, je länger die Story (an)dauert. Da markiert auch King keine Ausnahme. Sry Leute.
Was lässt sich nun über seinen Neuen berichten? Um es in aller Kürze und Deutlichkeit zu sagen: Ich fand ihn richtig gut! Ja wirklich! Besonders deshalb, weil sich in diesem Text nicht sofort Kings Handschrift wiederfinden lässt. Dies liegt zumal an der - für Kings Verhältnisse - untypisch niedrigen Seitenanzahl, an dem (muss ich gestehen) guten Zusammenspiel zwischen Originalfassung und Übersetzung, an dem herausragend geformten Protagonisten, der übrigens DAS Zünglein an der Waage darstellt, und nicht zuletzt liegt es - wie schon zigmal zuvor - an der besonderen, ausschweifenden Erzählstruktur, die Stephen King schlussendlich zu einem Weltstar hat werden lassen.
Eines scheint aber klar zu sein (und das gilt auch für den Roman „Später“): Stephen King ist ruhiger und erheblich subtiler geworden. Das muss man klar sagen. Seine Geschichten/Protagonisten bewegen sich mittlerweile ein klein wenig abseits der monströsen Horrorkulturen, wo Viecher wiederauferstehen und morden, rachebesessene Kinder Schulen abfackeln und Clowns unterm Gully hausen. Und das finde ich auch gut so, denn diese Subtilität leistet auch „Später“ einen ehrwürdigen Dienst, bezogen auf den Unterhaltungswert. Hier passen viele Dinge zusammen, angefangen bei dem durchwegs authentischen Hauptcharakter, bis hin zum strukturierten Handlungsablauf. Gut, wir haben es zwar nicht mit einem absoluten Kracher zu tun, aber mit einem Text, der bestmöglich unterhält. Und mehr habe ich - ehrlicherweise - auch nicht erwartet.
Inhaltsangabe:
Jamie Conklin wächst in Manhattan auf und wirkt wie ein normaler neunjähriger Junge. Seinen Vater hat er nie kennengelernt, aber er steht seiner Mutter Tia, einer Literaturagentin, sehr nahe. Die beiden haben ein Geheimnis: Jamie kann von klein auf die Geister kürzlich Verstorbener sehen und sogar mit ihnen reden. Und sie müssen alle seine Fragen wahrheitsgemäß beantworten. Tia hat sich gerade aus großer finanzieller Not gekämpft, da stirbt ihr lukrativster Autor. Der langersehnte Abschlussband seiner großen Bestsellersaga bleibt leider unvollendet – wäre da nicht Jamies Gabe … Die beiden treten eine Reihe von unabsehbaren Ereignissen los, und schließlich geht es um, nun ja, Leben und Tod.
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