Rezension: "Tagebuch eines sentimentalen Killers“ von Luis Sepúlveda

Was macht ein sensibler, sentimentaler Killer auf der Durchreise? Morden und Lieben natürlich. Und wie es sich für einen solchen Kavalier gehört, hinterlässt er auf seinem Streifzug nicht nur Rosenblätter, sondern auch eine kräftige Portion Blut. Alles kein Problem, wenn da nicht dieser grässliche Liebeskummer wäre, der Herzen und Knochen gleichermaßen bricht. Aber der Berufsstand eines Mörders verlangt eben nach einer eisernen Regel, die man niemals, niemals, niemals, niemals, niemals leichtfertig brechen sollte: „Mach die Zielperson kalt und verlieb dich nicht du rührseliger Vollidiot!!!“, oder um es mit Luis Sepúlvedas Worten zu sagen: „Lebe allein und hole dir, was der Körper verlangt, von einer Nutte.“


𝗧𝝠𝗚𝗘𝗕𝗨𝗖𝗛 𝗘𝗜𝗡𝗘𝗦 𝗦𝗘𝗡𝗧𝗜𝗠𝗘𝗡𝗧𝝠𝗟𝗘𝗡 𝗞𝗜𝗟𝗟𝗘𝗥𝗦


Wir haben es hier mit einem Kriminalroman aus den späten 90ern zu tun, der erstmalig im Sammelband „Diario de un killer sentimental“ auftauchte, ein Jahr später adaptiert wurde und 1999 sein deutschsprachiges Debüt feierte. Der Kampa Verlag hat sich nun ein Herz genommen, den 90-seitigen Text überarbeitet, aufpoliert und - zu Ehren Sepúlvedas - in eine höchst ästhetische Perle verwandelt.


Was den Inhalt betrifft: Ich kann mich nicht daran erinnern (im Hinblick auf die extrem kurze Distanz), dass ich je eine so clevere, durchdachte, gut strukturierte und vor allem perfekt organisierte Serienkiller-Story gelesen habe. Inhaltlich wie stilistisch.

Auch wenn der Teaser/Plot am Buchdeckel das ganze Geschehen ein wenig verharmlost und humoristisch darstellt, kann ich euch versichern, dass man es hier mit einer ernstzunehmenden Geschichte zu tun hat, die Slapstick-Einlagen, bzw. jegliche Art von plumper Komik vollkommen ausklammert.

Ganz im Gegenteil: Man bekommt stattdessen einen wirklich authentischen, sehr geradlinigen, kompromisslosen Text, der sich mit jeder Menge Lakonie, einer äußerst dreckigen Ausdrucksweise und vielen inneren Monologen mischt. Nicht zu vergessen, die starke Zeichnung des namenlosen Protagonisten, der einerseits durchaus gefestigt wirkt, andererseits mit gewaltigen Persönlichkeitsstörungen zu kämpfen hat. (Was in diesem Beruf definitiv zur Normalität gehört!)


„Ein Profi lebt allein, und für die Bedürfnisse des Körpers liefert die Welt draußen eine reiche Auswahl an Nutten. Ich habe dieses frauenverachtende Gebot immer konsequent eingehalten.“


Von meiner Seite gibt es eine ganz klare Empfehlung!


Inhaltsangabe:


Das Mädchen, der Killer, die Liebe und der Tod ... Ein in die Jahre gekommener Profikiller nimmt seinen nächsten Auftrag an, der ihm eine siebenstellige Summe einbringen soll. Er hofft, dass es sein letzter ist, schließlich haben auch Killer ein Recht auf Ruhestand. Dumm nur, dass er gerade jetzt nicht ganz bei der Sache ist. Seit drei Jahren schon verstößt er gegen eine eiserne Regel seines Berufsstands: sich nicht auf eine amouröse Beziehung einzulassen, und nun hat seine Geliebte ihn für einen anderen verlassen. Neben Liebeskummer beginnen ihm strikt verbotene Fragen den Verstand zu vernebeln: Wer ist eigentlich dieser Mann, den er in Istanbul liquidieren soll, und warum will man ihn loswerden? Während der folgenden sechs Tage bei einer Hetzjagd von Istanbul über Frankfurt und Paris bis nach New York und Mexiko verliert der Killer immer mehr seinen Auftrag aus dem Blick – und gerät dabei selbst in höchste Gefahr. Ein rasanter Kurzkrimi voll augenzwinkerndem Humor und ein großer Lesespaß.

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