Anthony Horowitz ist in dreierlei Hinsicht ein ganz besonderer Autor:
- Er hat den Kern eines kultivierten, „altmodischen“ Kriminalromanes verinnerlicht wie kein Zweiter, weiß über die Schwierigkeit des Handlungsaufbaus bescheid, kennt die trickreichen Finessen der Charakterenwicklung, die attitütenhaften Gepflogenheiten des gehobenen Gesellschaftskreises, das nonchalante Ambiente, nach dem eben jenes Genre verlangt, und er weiß zuoberst, was es bedeutet, sich mit den unerreichten Legenden der Szene - auf subtile Weise - messen zu müssen.
- Horowitz genießt nicht nur den Status eines Bestsellerautors, er ist auch der (in)offizielle „Nachfolger“ von Arthur Conan Doyle und darf mit den wohl kuriosesten Ermittlerpärchen zusammenarbeiten, das die Geschichte der Kriminalliteratur je zu Tage gefördert hat: Sherlock Holmes und Dr. Watson.
- Seine Figur - „Daniel Hawthorne“ - ist der beste Beweis dafür, dass Horowitz - in jeder erdenklichen Phase der Erzählung - Persönlichkeiten entwerfen kann, die an Glaubwürdigkeit, Authentizität und Zuverlässigkeit kaum zu überbieten sind. Er bekommt es so augenscheinlich spielerisch zustande, sie in einem völlig klischeehaften Setting zu platzieren und beim Leser dennoch den Eindruck entstehen zu lassen, noch nie Dagewesendes angeboten zu haben. DAS ist die oberste Liga des britischen Kriminalromans.
Der zweite Fall von Daniel Hawthorne hat - wie bereits sein Vorgänger „Ein perfider Plan“ - (beinahe) ALLES, was man sich von einem stark konzipierten Kriminalroman erwarten darf: Eine stilvolle, bedachte, ambitionierte Sprache, eigenwillige, attitüdenhafte Charaktere und eine besondere Handlung (obwohl ich mich ehrlicherweise erst an den Plot habe gewöhnen müssen), die aufgrund ihrer Ausführung und Komplexität, viele lobende Worte verdient hat. Sehr viele lobende Worte! So wurde hier nicht bloß ein oft kopierter Krimi-Einheitsbrei zusammengemischt, sondern zwei grundverschiedene, intelligente Handlungsstränge äußerst clever miteinander verwoben, deren charmanten Lösungsansätze im Laufe der Geschichte entblättern.
„Man hat in diesem britischen Horowitz-Konglomerat aus Verbrecherjagd und Vornehmheit ständig das Gefühl, mit Jane Marple, Paul Temple, Hercule Poirot und Sherlock Holmes in der Baker Street 221b zu sitzen und über geistig minderwertige Mörder zu schwadronieren.“ (Auszug Rezension „Ein perfider Plan“)
Für mich persönlich gehört Anthony Horowitz definitiv zu den ganz großen Krimiautoren, die den Charme eines konservativen Detektivromans verstehen, aufgreifen, zurück aufs Papier bringen, dennoch modern (weiter)denken, sich neue Wege zwischen dem eintönigen Mainstream bahnen, und sich schlussendlich auf den wesentlichen Faktor des Schreibens konzentrieren: Den Leser bestmöglich zu unterhalten.
Man muss hier fairerweise sagen, dass sich mein Interesse, bzw. mein Enthusiasmus in Bezug auf den etwas mageren Plot ganz schön in Grenzen gehalten hat. Und man darf an dieser Stelle auch mal verlauten: Hätte jemand anders diesen Plot in einen Kriminalroman verwandeln müssen, so wäre das in puncto Qualität - mit zeimlicher Sicherheit - in die Hose gegangen.
Inhaltsangabe:
Ein elegantes Haus am Rande von Hampstead Heath. Ein toter Scheidungsanwalt. Eine rätselhafte Botschaft in grüner Farbe. Eine unglaublich teure Weinflasche als Tatwaffe… Zweifellos ein Fall für Daniel Hawthorne, Ex-Polizist und Privatdetektiv, und Scotland Yard immer einen Schritt voraus.
Als der smarte Prominentenanwalt Richard Pryce tot in seinem Haus gefunden wird, erschlagen mit einer Flasche 1982 Chateau Lafite Rothschild im Wert von 2000 £, scheint schnell klar, wer es war: Nur wenige Tage zuvor hat die berühmte feministische Autorin Akira Anno ihm genau diesen Tod angedroht – und ihm ein Glas Rotwein ins Gesicht geschüttet. Aber ist es wirklich so einfach? Denn jeder hat hier Dreck am Stecken, und als ein weiterer Toter gefunden wird, muss Hawthorne gemeinsam mit seinem Assistenten und Stichwortgeber Anthony Horowitz tief in die Vergangenheit der Opfer eintauchen, um die Lösung des Rätsels zu finden.
»Horowitz’ raffinierte Mischung aus realen und fiktiven Personen bleibt fesselnd bis zur letzten Seite.« (Daily Mail 18.05.2020)
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