Rezension: "Meine dunkle Vanessa“ von Kate Elizabeth Russell

Eines gleich vorweg: #MeToo war NIEMALS eine Debatte, sondern ein ernstzunehmender (digitaler) Hilfeschrei einer Gemeinschaft, die Opfer von sexuellen Übergriffen (zuoberst im Fall Weinstein) geworden sind. Tarana Burke (amerikanische Bürgerrechts- und Menschenrechtsaktivistin) hat den Begriff entscheidend geformt und geprägt.

 

Und da frage ich mich zurecht: Muss man dieses sensible Thema wirklich medial/literarisch ausschlachten? Warum? Um massentauglich zu sein? Um eine breite Leserschaft zu treffen? Fakt ist: Wenn sich Menschen diesen mittlerweile gängigen Begriff zu Eigen machen, ihn gar für gemäßigte Umstände verwenden, verwässert das dann nicht den eigentlichen Kern der Sache? Mildert das nicht den so wichtigen Aspekt, weswegen sich diese Bewegung überhaupt erst in Gang gesetzt hat? Schwierig.

 

Ich bin jedenfalls überaus erleichtert, dass Kate Elizabeth Russell äußerst behutsam mit diesem Thema umgegangen ist, und dennoch einen authentischen Zugang zur Missbrauchsthematik gefunden hat, die dem Leser klar vor Augen führen soll, dass es sich hierbei nicht nur um eine „hypothetische“ Erzählung, mit frei erfundenen Background handelt, sondern das Grundgerüst, nämlich Vergewaltigungen und sexuelle Übergriffe jeglicher Art, die traurige, alltägliche Realität repräsentiert! (In dieser verdammten Sekunde.)

Und so komme ich gleich zu den Kernfragen, die Russell in „Meine dunkle Vanessa“ so häufig und (Gott sei Dank) in aller Deutlichkeit durchscheinen lässt: Was ist sexuelle Belästigung? Wo beginnt Missbrauch?

Wie verwerflich (unabhängig von der strafrechtlichen Seite betrachtet) ist eine „Beziehung“ zwischen einem 42 jährigen Erwachsenen und einem noch minderjährigen Teenager? (Die Antworten darf sich der kerngesunde Menschenverstand selbst darbieten!!!) 

 

Auch wenn Kate Elizabeth Russell das Ganze in einen Unterhaltsungsroman verpackt hat (Was mir zu Beginn irgendwie unpassend vorkam!), so kommt zu keinem Zeitpunkt das Gefühl auf, die Autorin könnte diese Geschichte nur zu einem rein eigennützigen Zweck geschrieben haben. Es ensteht durchwegs der Eindruck, dass es ihr ein besonderes Anliegen war, auf dieses spezielle Thema hinzuweisen, irgendwie auch zu polarisieren, den Verstand der Leser dahingehend zu schärfen, und all den (betroffenen) Frauen da draußen eine Plattform, einen Unterstand, ein Podest zu bauen. Dafür hat sie sich den New York Times Bestsellerstatus, sämtliche Augen und Ohren der Leser, sowie alle Daumen dieser Welt redlich verdient!

 

Zugegeben: Mir fällt es grundsätzlich nicht schwer, Geschichten beiseite zu legen und zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen. Kein Problem! Aber „Meine dunkle Vanessa“ hat es mir einfach angetan. Ich konnte mich von dieser Erzählung einfach nicht lossagen. No way! Diese Handlung hat mich von der ersten Seite an derart gepackt, dass ich regelrecht schockiert war. Ja wirklich, denn es passiert mir wahrlich viel zu selten, dass eine (relativ unscheinbare) Story dieses Gefühlschaos bei mir auslöst. Das lag nicht nur an der heiklen Thematik, sondern vor allem an den perfekt gezeichneten Figuren, an der stilistischen Umsetzung, an der sprachlichen Ausführung, am Handlungskonzept und natürlich an dem extrem hohen Unterhaltungswert, den der Plot mit sich bringt. Umso mehr freut es mich, dass ich nun fündig geworden bin und mit Bestimmtheit sagen kann, dass dieser Titel völlig zurecht in den Top 10 der New York Times Bestsellerliste zu finden ist!

 

[...] „Kate Elizabeth Russells Debütroman bricht mit Mutmaßungen und Klischees und liefert eine vielschichtige, nuancierte Erzählung, die für ein umfassenderes Verständnis über das Ausmaß und die Langlebigkeit des Schadens, den sexueller Missbrauch anrichtet, unerlässlich ist.“ [...]

(Lily King, Bestsellerautorin von Euphoria)

 

Fazit:

 

So sehr man sich auch bemüht, den vorliegenden Text als Roman zu betrachten, ihn so zu sehen, wie er eigentlich sein sollte, so rapide wird man von einer kleinen Thriller-Welle erfasst und mitgerissen. Und meines Erachtens gibt es keinen besseren Vertreter der Rubrik, als jene Geschichte, die überhaupt kein Spannungsroman sein sollte, jedoch aufgrund der thematischen Brisanz und der offensichtlich stürmischen Schreibweise zu eben diesem Produkt wird. Fast so, als erwarte man eine abgenutzte, beinahe träge Substanz und bekommt stattdessen einen modernen, frischen, quietschlebendigen Inhalt. Genau das habe ich hier mit Leib und Seele erfahren dürfen, denn Kate Elizabeth Russell hat nichts weiter getan, als ein ernstzunehmendes Konstrukt zu schaffen, es mit lebendigen Personen zu füllen und ein Tempo zu ergreifen, dass zwar Genre-untypisch ist, aber ich mir persönlich SO SEHR GEWÜNSCHT habe!

Doch das wohl Grausamste an dieser Erzählung sind die unterschwelligen sexuellen Annäherungsversuche, die Russell Schritt für Schritt entblättert, völlig bewusst, in welche ausweglose Situation sie ihre 15jährige Protagonistin damit steuert. Und dann gibt es noch diesen entscheidenden Moment, diesen Knackpunkt, wo das Schamgefühl das Ruder übernimmt, der freie Wille ausgehebelt wird, wo die Abhängigkeit, die Manipulation beginnt, Zuckerbrot und Peitsche, Annäherung und Ignoranz, und ein Entkommen beinahe unmöglich wird. DAS beschreibt die Autorin mit einschneidender Präzision und zwingt den Leser, hilflos zusehen zu müssen.

So schwer mir das Lesen an manchen Passagen auch gefallen sein mag, so sehr kann ich euch dieses Werk ans Herz legen! Ich weiß, das kling immer so klischeehaft, aber: Diese Geschichte hat mich verfolgt und mir den Schlaf geraubt. Kaum war das Buch zugeklappt, hat sich diese Handlung verselbstständigt und sich in meinem Kopf eingenistet. Mehr kann ich dazu nicht sagen: LEST DIESES VERDAMMTE BUCH!

 

Inhaltsangabe:

 

Brillant und verstörend! Ein brandaktueller Roman, der mitten ins Herz der #MeToo-Debatte trifft.

 

Vanessa ist gerade fünfzehn, als sie das erste Mal mit ihrem Englisch-Lehrer schläft. Jacob Strane ist der einzige Mensch, der sie wirklich versteht. Und Vanessa ist sich sicher: Es ist Liebe. Alles geschieht mit ihrem Einverständnis. Fast zwanzig Jahre später wird Strane von einer anderen ehemaligen Schülerin wegen sexuellen Missbrauchs angezeigt. Taylor kontaktiert Vanessa und bittet sie um Unterstützung. Das zwingt Vanessa zu einer erbarmungslosen Entscheidung: Stillschweigen bewahren oder ihrer Beziehung zu Strane auf den Grund gehen. Doch kann es ihr wirklich gelingen, ihre eigene Geschichte umzudeuten – war auch sie nur Stranes Opfer?

 

»Meine dunkle Vanessa« ist ein brillanter Roman über all die Widersprüche, die unsere Beziehungen prägen, ein Roman, der alle Gewissheiten erschüttert und uns spüren lässt, wie schwierig es ist, klare Grenzen zu ziehen. Verstörend und unvergesslich! 

 

Pressestimmen:

 

»›Lolita‹ für die #MeToo-Generation.«

(Marie Claire)

 

»Ein umwerfendes Debüt. ›Meine dunkle Vanessa‹ ist zutiefst erschütternd und doch menschlich in seiner Unerbittlichkeit. Ein Buch, bei dem es einem kalt über den Rücken läuft. Ein absolutes Lese-Muss.« (Gillian Flynn, Bestsellerautorin von Gone Girl)

 

»›Meine dunkle Vanessa‹ ist ein erschütternder Triumph. Komplex, klug und von Anfang bis Ende fesselnd: Kate Elizabeth Russells Debütroman bricht mit Mutmaßungen und Klischees und liefert eine vielschichtige, nuancierte Erzählung, die für ein umfassenderes Verständnis über das Ausmaß und die Langlebigkeit des Schadens, den sexueller Missbrauch anrichtet, unerlässlich ist. Machen Sie sich darauf gefasst, dass Sie mit flauem Gefühl im Bauch und einem Kloß im Hals bis spät in die Nacht hinein lesen werden.« (Lily King, Bestsellerautorin von Euphoria)

 

»›Meine dunkle Vanessa‹ ist ein absolutes Meisterwerk an Ton und Sichtweise, das dadurch umso beeindruckender ist, dass es scheinbar gar nicht das Ziel hat zu beeindrucken. Es ist faszinierend und niederschmetternd und brillant. Ich habe es geliebt.« (Kristen Roupenian, Bestsellerautorin von Cat Person)

 

»›Meine dunkle Vanessa‹ kann wie ein Spiegelbild von Nabokovs ›Lolita‹ gelesen werden.« (The New York Magazine)

 

»Dieses zeitgemäße, fesselnde Debüt beleuchtet das Wechselspiel zwischen der herzzerreißenden Verwirrung eines Kindes und den tiefsten Perversionen von Macht.« (People)

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