Rezension: "Blutige Nachrichten“ von Stephen King

Was könnte ich über Stephen King sagen, das andere Menschen nicht ohnehin schon längst erzählt hätten? Kein Witz: Jedes Jahr stelle ich mir dieselbe Frage: Wie soll ich diese - im wahrsten Sinne des Wortes - Horrorrezension überleben? Wie? Singst du Loblieder, sagen die Leute: „Eh klar, King ist sowieso der Beste. Erzähl uns doch mal etwas Neues. Kritisierst du den Guten, heißt es: „Du hast ja keine Ahnung, der hat das Genre revolutioniert, der schreibt schon seit den 70ern, da warst du kleiner Hosenscheißer noch gar nicht geboren! (Ok, dafür kann ich ja wohl wirklich nichts, oder?!)


Man muss sich vorab einfach im Klaren sein: Egal in welche Richtung man sich bewegt, es wird immer,...IMMER die falsche sein. Garantiert! Also tut man gut daran, wenn man die Subjektivität ziehen lässt, dem objektiven Charakter die Pforten öffnet und so sachlich wie nur möglich an diese Angelegenheit herangeht. Leichter gesagt als getan.


Lasst uns doch mal kurz den Faktencheck machen und in die zuletzt von mit verfasste Rezension einsteigen:


„Was Stephen King von vielen anderen Autoren klar unterscheidet, ist die Tatsache, dass er aus einem ganz herkömlichen Plot, eine ausgedehnte, strukturierte, spannende Geschichte erzählen kann. Jede einzelne Romanfigur hat (s)eine Vergangenheit und Stephen King kennt sie bestens. Aber es reicht nicht, sie nur zu kennen, man muss sie auch elegant zu Papier bringen. Genau das tut er mit Bravour! Er ist und bleibt ein absolutes Ausnahme-Talent. Seine unbändige Schreibkraft lebt immer noch. Damals,...wie heute. Unfassbar.“


Das Ganze in Zahlen und Fakten ausgedrückt, sieht dann wie folgt aus: Stephen King hat über 50 Romane geschrieben, mehr als 100 Kurzgeschichten/Novellen verfasst, - jetzt haltet euch fest - über 400 Millionen Bücher in mehr als 50 Sprachen verkauft. Er stand über 35 mal auf Platz 1 der New York Times Bestsellerliste. Er darf sich außerdem alle namhaften Literaturpreise der Szene ans Revers heften, wie zum Beispiel den „World Fantasy Award“, den „Hugo Award“, den „Locus Award“, den berühmten „Bram Stoker Award“, den „National Book Award“, sowie den brüchtigten „Edgar Allan Poe Award“. 2003 erhielt er den Sonderpreis der National Book Foundation für sein Lebenswerk. 2015 ehrte Barack Obama ihn mit der National Medal of Arts. 2018 gab’s den „PEN America Literary Service Award“.


Vor diesem speziellen Hintergrund gestaltet sich die Buchvorstellung ja noch schwieriger!

Egal. Ich steige direkt ins Geschehen ein: Diese Sammlung gliedert sich in 4 Teile, die für mich - aufgrund der Längen - mehr Novellen, als Kurzgeschichten darstellen.

Achtung: Lediglich die Novelle „Blutige Nachrichten“ ist mit dem Outsider entfernt verwandt, die anderen drei sind absolut eigenständige, unabhängige Stories, die sich zwar irgendwie in den Castle Rock Kosmos einordnen lassen, jedoch keine Verbindung zum Ousider herstellen. Ich möchte da auch - um ehrlich zu sein - keine Erzählung explizit hervorheben, da jede einzelne auf ihre eigene Art und Weise Charme hat.


Man kann allerdings sagen was man will, völlig egal ob man King mag oder nicht: Geschichten zu erfinden, sie zu erzählen, unglaubliche Figuren zu charakterisieren, ihnen einen nachvollziehbaren Background zu verpassen, sie perfekt in der Story zu platzieren,...das liegt ihm einfach im Blut. Mehr muss man dazu auch nicht verlauten.


King zieht auch hier wieder ALLE bekannten, aber keinesfalls altmodischen, abgetragenen Register: Generationenkonflikte, konservative Rollenverteilungen, subtil geführte Religions-/Glaubensdebatten, er verurteilt den Fanatismus, kippt Prinzipien unterschiedlichster Arten, schwingt unterschwellig die Anti-Rassismus Keule,...alles mit dabei.

Zudem gibt es immer diese Coming-of-Age-Parts, diese Auseinandersetzungen mit der eigenen Vergangenheit/Kindheit, dieses Kräftemessen zwischen Erwachsenen und Pubertierenden. Er kümmert sich dieses Mal aber auch um „banalere“ Themen, wie Technologieentwicklung im Digitalzeitalter, Modernisierung von klassischen Lebensweisen, der Zerfall von analogen Printmedien, Wirtschaftliche Auswirkungen von Chancen und Risiken...


Wenn man sich den Verlauf der King-Veröffentlichungen der letzten Jahre so ansieht, dann wird man deutlich erkennen, dass er sich vom klassischen Horror distanziert hat, allerdings der Kriminalistik (gepaart mit der Phantastik/Mystik) und deren Auswüchsen klar den Vorzug gibt. Dadurch wirken seine Erzählungen gefestigter, reifer, und durchaus authentischer, was natürlich auch dazu führt, dass die Gangart, bzw. das Tempo etwas gemächlicher geworden ist.

Aber ich mag das! Ja wirklich. Auch wenn die eingefleischten „Es“, „Carrie“, „Shining“, „The Stand“ Fans jetzt aufschreien werden, aber mir gefällt dieser weiterentwickelte Stephen King auf eine eigene Art und Weise sogar besser. Jedenfalls muss ich sagen, dass ich mich - wieder einmal - verdammt gut unterhalten gefühlt habe. Zwar auf einer eher bodenständigeren, - für King-Verhältnisse - zurückhaltenden Ebene (die Story braucht einige Zeit, um Fahrt aufzunehmen), inhaltlich spielt er aber nach wie vor in einer ganz, ganz eigenen Liga! 


So! Doch am Ende steht immer wieder dieser Problemfaktor „Kleinschmidt“ im Raum, der bereits - LEIDER - sehr häufig den Charme von Kings Fabulierkunst demoliert hat.

Doch dieses Mal hat er eine wirklich solide Leistung aufs Parkett gezaubert. (Muss man an der Stelle auch mal anbringen.) Na gut, um die Kirche im Dorf zu lassen: Die Übersetzung ist jetzt nicht überragend, keine Meisterleistung, aber das ist alles im Rahmen des Vertretbaren und liest sich deutlich ambitionierter, wie es bei anderen Produktionen der Fall war.


Inhaltsangabe:


In der Vorweihnachtszeit richtet eine Paketbombe an einer Schule nahe Pittsburgh ein Massaker an. Kinder sterben. Holly Gibney verfolgt die furchtbaren Nachrichten im Fernsehen. Der Reporter vor Ort erinnert sie an den gestaltwandlerischen Outsider, den sie glaubt vor nicht allzu langer Zeit zur Strecke gebracht zu haben. Ist jene monströse, sich von Furcht nährende Kreatur wiedererwacht?


Die titelgebende Geschichte »Blutige Nachrichten« – eine Stand-alone-Fortsetzung des Bestsellers »Der Outsider« – ist nur einer von vier Kurzromanen in Stephen Kings neuer Kollektion, die uns an so fürchterliche wie faszinierende Orte entführt. Mit einem Nachwort des Autors zur Entstehung jeder einzelnen Geschichte.

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