Rezension: "Fuchs 8“ von George Saunders

Als mir „Fuchs 8“ in der Luchterhand-Programmvorschau das erste Mal untergekommen ist, habe ich - um ehrlich zu sein - vor aufregender Fassungslosigkeit, beinahe vor Entsetzen, die Augen weit aufgerissen:


Diese „Kurzgeschichte“ (Wenn man sie überhaupt so nennen darf?!) umfasst sage und schreibe 56(!!!) Buchseiten! Zieht man dann auch noch die Illustrationen, sämtliche Zeilenumbrüche und Leerstellen ab, beläuft sich das Ganze wahrscheinlich auf 30 Seiten! Berechtigte Frage an dieser Stelle: WTF!?


Jetzt kommt der springende Punkt: Egal wie kurz diese Story ausgefallen ist, vollkommen belanglos, wie minimalistisch sie sich zu Beginn angefühlt hat, völlig irrelevant, was man im Vorfeld zu glauben wagte,...am Ende steht die Tatsache: George Saunders hat etwas ganz, ganz, ganz Eigenartiges/Großartiges geschaffen. Das hat er wirklich!

Eine fein komponierte, intelligente Geschichte, die von all den vielen Emotionen getragen wird, die durch die vorgegebenen Bilder und die beachtliche Ästhetik vollends überzeugt, trotz Überschaubarkeit Nichts ausspart und zudem auch noch wirklich unterhaltsam ist. Unfassbar, bedenkt man den reduzierten Inhalt, die knappe, kindliche, vollkommen fehlerhafte Ausführung, die im Normalfall, ganz klar zum Scheitern verurteilt ist.

Zwar trifft dies keinesfalls auf den Kinder- und Jugendliteratur-Sektor zu (Hier ist man es durchaus gewöhnt, in kompakteren Ausführungen aufzutreten), die Welt der Erwachsenen tickt da etwas anders und ist stets prädestiniert dafür, alles in die Tonne zu hauen, dass sich nicht in Einklang mit Preis-Leistung bringen lässt. Völlig egal!

Fakt ist: Dass George Saunders ein hervorragender, ja gerade zu begnadeter Schriftsteller sein MUSS, wenn er auf die Distanz von 56 Seiten, derart (Kurioses) abliefert! Saunders wurde viermal mit dem National Magazine Award ausgezeichnet, 2006 erhielt er den World Fantasy Award, 2014 den Folio Prize, 2017 den Man Booker Prize, sowie den „Premio Gregor von Rezzori“ und wurde in zahlreiche Academys aufgenommen.


Liebe Leute, DAS kommt nicht von ungefähr und rechtfertigt (im weitesten Sinne) seine Stellung als Autor.


Fazit:


Egal wie man das Ganze dreht und wendet, egal wie man die Sachlage verbiegt, sich einzureden versucht, diese Erzählung, beinhaltet mehr Freiräume, mehr Leerstellen, mehr Abbildungen als Textpassagen, egal wie sehr man gegen das Wohlwollen des Inhaltes anzukämpfen versucht, man wird von der Kraft des Geschehens, von der Intensität der Emotionen, aber auch von der Grausamkeit der Konzeption, der Idee förmlich mitgerissen. Und dies meine ich im besten Sinne zu behaupten. Ernsthaft: Mir sind - bis dato - schon einige Kurzgeschichten untergekommen, die eher mittelprächtig bis solide anmuten, ABER kaum eine Ausführung hat mit derart beeindruckt zurückgelassen.

In dieser Erzählung werdet ihr keinen einzigen korrekten Satz vorfinden und dennoch fühlt sich das Gelesene mehr als richtig an.

„Fuchs 8“ ist das wohl außergewöhnlichste, sprachlich seltsamste Buch, das ich seit langer Zeit gelesen habe, und gerade deshalb, ein absolutes Jahreshighlight!!!


Inhaltsangabe:


Fuchs 8 war immer schon neugierig und ein bisschen anders als die anderen Füchse seiner Gruppe. So hat er die menschliche Sprache gelernt, weil er sich gern in den Büschen vor den Häusern versteckte und zuhörte, wenn die Menschen ihren Kindern Gutenachtgeschichten vorlasen. Die Macht der Worte und Geschichten befeuert seine Neugier auf diese Wesen, bis Gefahr am Horizont auftaucht: Der Bau eines riesigen Einkaufszentrums zerstört den Wald, in dem die Füchse leben, und sie finden kaum noch Nahrung. Dem stets belächelten Tagträumer Fuchs 8 bleibt nur eines: Er beschließt, seine Fuchsfamilie zu retten, und macht sich auf den Weg zu den Menschen… 


Pressestimmen:


»Wenn Sie noch wenigstens ein bisschen Kind im Herzen haben, ist das das Allerallerschönste, was Sie sich, Ihren Lieben und überhaupt antun können.« (Thea Dorn / ZDF -Das Literarische Quartett)


»Bei aller scheinbaren Naivität am Ende wohl kein Kinderbuch. Eher ist es eine auf den Kopf gestellte Fabel, die den Menschen bei seinen Illusionen packt.« (Wieland Freund / Die Welt)


»Sein Fuchsbüchlen ist niemals niedlich, sondern reflektiert ebenso über das Tierbild in Äsops Fabeln wie über die Widersprüche menschlicher Existenz.« (Britta Heidemann / Westdeutsche Allgemeine Zeitung)

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