Rezension: "Kill Creek“ von Scott Thomas

Wie oft haben es Autoren bereits versucht (ohne jemanden zu nahe treten zu wollen), einem Horrorhaus atmosphärisches, unheimliches Leben einzuhauchen und sind an der - zugegebenermaßen schwierigen - Aufgabe (aus literarischer Sicht) kläglich zugrunde gegangen.
Meist scheitert das Ganze an der Ausführung, an den lächerlich auftretenden Charakteren, an der unfreiwilligen Lächerlichkeit der Sachlage per se, und es scheitert zumeist an der niemals aufkeimenden Atmosphäre.
Es handelt sich scheinbar um eine wahrlich frustrierende Aufgabe für den Schriftsteller, dem Leser das Gefühl von „Horror“ zu vermitteln, dem Leser zu zeigen, wie angsteinflößende Elemente auszusehen haben, obwohl wir ja eindeutig wissen, dass „Horror“ ein unfassbar dehnbarer und subjektiv wahrnehmbarer Begriff ist.
Eine Sackgasse, quasi unüberwindbare Endlosschleife, aus der ihm nur der Leser selbst befreien kann.
Richard Laymon (Der Keller, Der Geist,...) hat es versucht, Danielewski (Das Haus) hat sich in diese Zwickmühle begeben, Graham Masterton, Peter James,...
Es gibt für mich lediglich eine handvoll Literaten, die sich dem Genre, auf ihre eigene Art und Weise, vorbildhaft angenähert haben: H. P. Lovecraft, Edgar Allan Poe, Shirley Jackson, John Burnside, Stephen King, John Saul,...

Und nun betritt mit Scott Thomas ein Newcomer die Bühne, der den geliebten Klassiker-Flair des Genres in ein modernes Konzept zu transportieren versucht. „Kill Creek“ scheint zumindest die erste unperfekte, aber im Ansatz vielversprechende Kampfansage ans Kollegium zu sein, denn eines ist gewiss: Dieser Titel dürfte die Herzen der Genre-Fans höher schlagen und die Hoffnungen, einen verdammt eindringlichen Roman präsentiert zu bekommen, aufleben lassen.

Doch was verbirgt sich nun - neben der vielleicht unheimlichen Atmosphäre im Haus - zwischen diesen beiden Buchdeckeln? Billiger Abklatsch? Kindergerechter Firlefanz? Gerüchte um Nichts? Harmloses Treiben?

Scott Thomas hat zwar all sein Können, all seine Leidenschaft, all die erwähnenswerten, vorzeigbaren Anwandlungen gebündelt und in diesen recht authentisch komponierten Titel gesteckt, der Vergleich mit Stephen Kings „The Shining“ ist aber ein grottenschlechter Witz. Dennoch: Viele altbewährte Schauerszenarien, die man aus Film und Fernsehen kennt, eine überschaubare Anzahl an Charakteren, die es Wert sind, genauer unter die Lupe genommen zu werden, und zu guter Letzt eine warme, harmonische  Grundstimmung lassen sich in Kill Creek vorfinden.

Kurz zu Ausgangslage: Wir haben ein geschichtsträchtiges Haus, einen ermordeten Erbauer/Erstbesitzer, eine an der verkümmerten Buche baumelnde Geliebte, einen mysteriösen, zugemauerten 2. Stock, ein Geschwisterpärchen, das sich bis zum erlösenden (Selbst-)Mord verbarrikadiert, und eine Fassade, die jede Menge Blut abbekommen hat.

Fazit:

Schriftsteller, die sich an das Genre „Horrorroman“ heranwagen, bewegen sich meist auf ganz dünnem Eis. Entweder das Ganze wirkt viel zu überpowert, übertrieben, unglaubwürdig, gleitet beinahe ins Lächerliche. Oder die Autoren nehmen sich so stark zurück, dass verharmloste, kleinlaute, in die Länge gezogene Szenen entstehen, die kein Mensch lesen will. Klingt echt hart, entspricht aber der Tatsache.
Scott Thomas hat aber einen akzeptablen Mittelweg gefunden, diese brüchige Eisplattform unbeschadet zu überqueren. Zwar bedient er sich vieler Horror-Klischees, dies tut der Attraktivität aber keinen Abbruch, denn er hat sich schließlich für die gute, bewährte, stimmungsvolle Imitation entschieden.
Alles in Ordnung soweit, wäre da nicht immer wieder diese krampfhafte Übersetzungsarbeit, die den Bemühungen des Autors gehörig auf den Leim geht. In „Kill Creek“ halten sich die nervigen Vergleiche („ Das unaufhörliche Klappern der Tasten hörte sich an wie starker Regen. Als stünde eine schwarze Gewitterwolke an der Wohnzimmerdecke.“) und Formulierungen („Sam keuchte und wirbelte im Stuhl herum.“) zwar etwas in Grenzen, ein Vorhandensein lässt sich aber dennoch nicht bestreiten.
Es wird mir wohl auf ewig ein Rätsel bleiben, warum man dem Leser, Bewegungsmuster eines Computercursors mit „Blink. Blink. Blink“ erklären muss??? Oder das eine Uhr „Tick. Tack.“ macht. Ernsthaft? Sollte dies jedoch auf dem Mist des Autors gewachsen sein, dann entschuldige ich mich beim Übersetzer und sage: Schande über dein schriftstellerisches Haupt!!!

Aufgrund der etwas primitiven Darstellung/Übersetzungsarbeit, der fehlenden Qualität im (atmosphärischen) Ausdruck und dem offensichtlichen Klassenunterschied zu „Shining“, will ich hier nicht mehr als eine bedingte Kaufempfehlung aussprechen.

Inhaltsangabe:

Am Ende einer langen Straße mitten im ländlichen Kansas liegt einsam und verlassen das Finch House. Es ist berüchtigt, schließlich ereilte jeden seiner Bewohner einst ein grausames Schicksal. Könnte es eine bessere Kulisse geben, um die vier erfolgreichsten Horrorautoren der USA zu einem Interview zusammenzubringen und das ganze live im Internet zu streamen? Was als harmloser Publicity-Spaß beginnt, entwickelt sich schnell zum Albtraum für alle Beteiligten. Denn es kommen nicht nur die dunkelsten Geheimnisse der vier Schriftsteller ans Tageslicht, auch das Finch House selbst hütet ein dunkles Geheimnis. Aber anders als die vier Autoren möchte es dieses nicht für sich behalten. Und schon bald gibt es den ersten Todesfall...

Pressestimmen:

»Ein wunderbar komponierter Horrorroman!« (Joyce Carol Oates)

»Das letzte Mal habe ich mich als Teenager bei der Lektüre von Shining so gefürchtet.«
(The Hollywood Reporter)

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