Rezension: "Licht und Schatten“ von Zoran Drvenkar

Über Zoran Drvenkar lässt sich eines mit Bestimmtheit sagen: Er gehört mit Sicherheit zu den eigenwilligsten und außergewöhnlichsten Thrillerautoren die es in der heutigen Zeit gibt. Diese Tatsachenfeststellung lässt sich nicht nur an der Art und Weise wie er seinen Erzählungen aufbaut beobachten, sondern ist auch in seiner Ausdrucksweise deutlich spürbar.

Denn Zoran Drvenkar ist und bleibt ein Fanatiker, wenn es um die Nutzung veralteter Konjunktionen geht. So verbannt er häufig das „ss“ (Doppel-S) und holt das uralte (Scharfes-S) „ß“ aus dem Sprach-Nirvana zurück. Aber auch das permanente „in Erscheinung treten“ einer fallbezogenen zweiten/dritten Person (Singular/Plural) ist ein absolutes Indiz dafür, dass hier Drvenkar am Werk gewesen sein könnte.

Das mag jetzt zwar etwas seltsam klingen, aber das sind genau jene Elemente, die ihm den Sonderstatus im Genre verleihen, die ihm die Rolle des Merkwürdigen zuschanzen, die ihm zum völlig eigenständigen Autor avancieren lassen. (Zu meiner Verwunderung gab es im neuen Roman - „Licht und Schatten“ nichts davon!)

Diese mühevolle, akribische Herangehensweise in der Konezption seiner Geschichten findet schließlich Anklang und hat ihm - unter anderem - den Friedrich-Glauser-Preis, den Hansjörg-Martin Preis, sowie den Deutschen Jugendliteraturpreis beschert. 

Sein Titel „Still“ ist dafür ein ganz wunderbares Beispiel: Zurückhaltendes, altertümliches Schriftbild und ein vorzeigbares Settingkonstrukt trifft auf überzeichnete Charaktersitik in der Figurenausarbeitung.


Nun meldet er sich mit einer Story zurück, die einen etwas jugendlicheren Auftritt hinlegt: Der Plot wirft uns in die Kälte des 18. Jahrhunderts zurück, in der sich Figuren bewegen, die über kurze Stecken - völlig beabsichtigt - unnahbar, etwas distanziert bleiben. Das Setting ist wie gewohnt authentisch, überaus reichhaltig und mit atmosphärischem Leben gefüllt, Drvenkar hat es eben der Zeit angepasst.

Vor allem ist es aber immer wieder auffällig, dass er seine Formulierungen, seine Satzbildungen äußerst bedächtig, fast schon poetisch vorträgt, seine Texte somit nicht mehr dem Mainstream unterliegen und es dadurch aber auch ziemlich schwierig wird, das Geschriebene einer einzelnen Genre-Gattung zugeordnen.

Klar ist auch: Drvenkar schreibt seine Gedankengänge, seine Inhalte nicht einfach nur auf, er geht mit sich selbst eine dauerhafte Abmachung/Verpflichtung ein, dem Leser, über den Unterhaltungswert hinaus, auch eine klare Botschaft mit auf den Weg zu geben.

Dies lässt sich beispielsweise an der Nurzung von klug in Szene gesetzten Metaphern festmachen. Ein weiteres Markenzeichner seiner Art.


In „Licht und Schatten“ treffen gleich mehrerer Sparten aufeinander: Eine Mixtur aus Fantasy- und Abenteuerroman, Familiendrama, Coming-of-Age Story, und Märchenadaption.

Und wieder hat es Drvenkar geschafft, sich ein Alleinstellungsmerkmal zu erarbeiten, sich an die Pole-Position zu kämpfen und eine Story zu kreieren, die es mit Sicherheit kein zweites Mal gibt.


Um es kurz zu machen: Es handelt sich hierbei nicht bloß um eine simple, harmlos gestrickte Erzählung, sondern um eine ernstzunehmende Parabel, die das (über-)irdische Dasein und den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse auf magische Weise analysiert. Äußerst firsch konzipiert, und meilenweit von einem klassischen Jugendroman entfernt. Schlichtweg großartig!


Inhaltsangabe:


Es ist der Winter 1704 und der Tod sitzt auf dem Wipfel einer Tanne und wartet geduldig auf die Geburt eines Kindes. Er ist nicht der einzige – ein Raunen wandert um die Welt und die Schatten lauschen mit gespitzten Ohren. 


Schon in jungen Jahren macht sich Vida auf den Weg, um die Wahrheit zu finden. Sie hört den Ruf der Toten und begegnet ihrer eigenen Zukunft. Mit dreizehn lehren ihre Tanten sie die Mudras der Verbannung und sich ohne Waffen zu verteidigen. Denn Vida wurde geboren, um das Licht auf die Welt zurückzubringen. Aber niemand rechnet damit, dass sie ihren eigenen Weg geht und selbst dem Tod die Stirn bietet.

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