Rezension: "Flug und Angst“ von Stephen King/Bev Vincent

Wie lassen sich Zwänge, Phobien und Angstzustänge (in diesm konkreten Fall: Flugängste) besser therapieren, als in der gemütlichen Atmosphäre einer schriftstellerischen Selbsthilfegruppe.

Genau jene Runde hat Stephen King (in Kooperation mit Bev Vincent) - dieses Mal als Herausgeber, weniger als Autor - mit „Flug und Angst“ ins Leben gerufen, eine Horror-Anthologie als quasi Selbstkasteiung. Denn was viele Leser möglicherweise noch gar nicht wissen: Der „King of Horror“, der Meister des Grotesken, DAS Mysterium schlechthin, soll angeblich selbst unter panischer Flugangst leiden. Man könnte dieses zusammengetragene Werk ebenso gut als psychologisch verwerflichen Ratgeber bezeichnen, der all jene bösartigen Flugkatastropen-Szenarien in derart ausführlichen, blutigen Einzelheiten schildert, dass nach Beenden der Lektüre, die Chance auf Heilung bei Traumapatienten völlig ausgeschlossen zu sein scheint. Vermutlich.

Dabei ist es statistisch gesehen viel wahrscheinlicher vom Blitz getroffen zu werden, als bei einem Flugzeugabsturz ums Leben zu kommen. Statistiken und Fakten, von denen Aviaphobie-Patienten mit Sicherheit nichts hören wollen. Interessanter wäre da wohl eher eine sinnvolle Anleitung im Umgang mit bevorstehenden Symptomen bei auftretenden Panikattaken: Herzrasen, Atemwegsprobleme, Magen-/Darmkrämpfe, Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit, sind nur einige Wenige der plötzlich auftretenden Beschwerden.


Dank Sebastian Fitzek wissen wir nun, dass Personen, die den Sitzplatz 7A in einer Passagiermaschine erwischt haben, sprichtwörtlich, die Hölle auf Erden gebucht haben, sollte dem Flugzeug die Turbine abhanden kommen, eine der Tragflächen Feuer fangen, oder der Pilot zum unerwarteten Sinkflug ansetzen. Das Wissen um die Tatsache, dass aus der Decke der Maschine jederzeit Sauerstoffmasken durchbrechen könnten, dürfte der angekratzten Phobie noch den Rest geben. Es ist außerdem gut zu wissen, dass der First-/ uns Businessclass eine geringere Überlebenswahrscheinlichkeit zugeschanzt wird, als es beispielsweise im hinteren Bereich der Fall ist. (49% Überlebensrate - Komfort hat eben seinen Preis! 😂) Damit wären Flugzeuge dennoch ungefähr doppelt so sicher wie Reisezüge und das Sterberisiko in einem Auto ist 104-mal höher. Noch gefährlicher ist Laufen oder Radfahren! 😂

Jetzt habe ich noch DIE Erkenntnis für euch: „Die Wahrscheinlichkeit, dass ausgerechnet SIE den fatalen Ernstfall erleben müssen, liegt selbst dann nur bei 1 zu 85.000, wenn Sie jeden Tag des Jahres 800 Kilometer fliegen würden“ (Spiegel Online vom 24.01.2017)


Die einzelen Storys, die King sich für dies Anthologie ausgesucht hat, könnten das heikle Thema nicht besser beleuchten. In fiktiver Erzählform haben es sich einige Autoren zur Aufgabe gemacht, Horrorszenarien in luftiger Höhe bis an den Rand der Vorstellungskraft zu treiben. Kurzgeschichten aus deru Feder von beispielsweise Dan Simmons (Terror), Peter Tremayne (Ihr Los ist Finsternis), Joe Hill (Fireman) und Arthur Conan Doyle (Sherlock Holmes) sorgen für das nötige Grauen. Der größte Vorteil von Anthologien markiert gleichzeitig auch den negativsten Aspekt einer solchen Geschichtensammlung: Diversifikation. Einerseits erlebt man die bunte Vielfalt, die Flexibilität, da viele unterschiedliche Erzählungen warten. Die Entscheidung liegt quasi beim Leser selbst, welchen Handlungen er folgen will, welche er beiseite schiebt. Andererseits wird man aufgrund der überschaubaren Länge, nie wirklich Teil der Geschichte. Wird man erst mal mit den Charakteren vertraut, steuert man auch schon dem Ende entgegen.

Die beiden Herausgeber haben hier aber eine wirklich starke Auswahl getroffen und jede Menge charakteristische Autoren augewählt, die dem Thema Flugangst ihren ganz persönlichen Stempel aufgedrückt haben.


Inhaltsangabe:


Nichts ist Stephen King ein größerer Gräuel, als fliegen zu müssen. Zusammen mit Mitherausgeber Bev Vincent teilt er nun seine Flugangst mit seinen Lesern. Die Anthologie versammelt alles, was gründlich schiefgehen kann, wenn man sich auf 30.000 Fuß Höhe mit 500 Knoten in einem Metallgefährt (einem Sarg?) durch die Lüfte bewegt. Flugreisen verwandeln sich hier schnell in Albträume, auf die man nie im Leben gekommen wäre. Da überlegt man es sich lieber zweimal, ob der Weg zum Ziel nicht in einer letzten Reise mündet. 

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