Und wieder stehe ich vor der unfassbar schwierigen Aufgabe, nach Beenden dieses Buches, eine objektive Bewertung trotz Befangenheit abzugeben, denn eines lässt sich einfach nicht verbergen: Ich liebe die Geschichten von Anthony Horowitz.
Er ist nicht nur ein unglaublich talentierter, sprachlich versierter Literat, der es punktgenau versteht, einer gängigen (Krimi)Handlung, auf unterhaltsamen Wege, qualitatives Leben einzuhauchen, er ist ebenso bemüht, das oftmals festgefahrene Krimigenre immer wieder aufs Neue zu definieren,...UND er ist zudem der einzige Autor, der es meiner Meinung nach erfolgreich geschafft hat, eine Legende von den Toten auferstehen zu lassen und in die Fußstapfen eines - auf Papier - unsterblichen Schriftstellers zu treten. (Arthur Conan Doyle) Aber nicht nur seine lebhafte Sherlock Holmes Hommage weiß zu überzeugen, auch sein im März 2018 veröffentlichtes Krimi-Doppelspiel „Die Morde von Pye Hall“ hat auf ganzer Länge überzeugen können. Ein Meilenstein, ein moderner Klassiker, kurz: Ein absoluter Volltreffer.
„Der neue Roman von Anthony Horowitz hat (beinahe) ALLES, was man sich von einem rätselhaften Kriminalroman erwarten darf: Eine stilvolle, bedachte, ambitionierte Sprache, eigenwillige, attitüdenhafte Charaktere und eine besondere Handlung, die aufgrund ihrer Ausführung und Komplexität, viele lobende Worte verdient hat. Sehr viele lobende Worte! [...] So wurde hier nicht bloß ein oft kopierter Krimi-Nonsens zwischen zwei Buchdeckel gepresst, sondern zwei grundverschiedene, intelligente Handlungsstränge äußerst smart miteinander verwoben, deren Lösungen sich übrigens erst ganz am Ende entfaltet haben. Man hat in diesem britischen Horowitz-Konglomerat aus Verbrecherjagd und Vornehmheit ständig das Gefühl, mit Jane Marple, Paul Temple, Hercule Poirot und Sherlock Holmes in der Baker Street 221b zu sitzen und über geistig minderwertige Mörder zu schwadronieren. Es gibt im Genre ja unterschiedliche Auffasungen, aber meiner Meinung nach hat ein innovativer, klischeefreier Kriminalroman GENAU SO auszusehen!“ (Auszug aus der Rezension zu „Die Morde von Pye Hall“)
Doch wenn wir die schwärmerischen Loblieder beiseite schieben, bleibt am Ende dennoch die Frage übrig: Hat er das Niveau, den Einfallsreichtum und diese spezielle Finesse auf seinen neuen Krimiauftakt - „Ein perfider Plan“ - übertragen können? Die Antwort lautet ganz klar: JA!
Es ist fanszinierend, ja geradezu verblüffend, dass seine Imaginationskraft förmlich vor Energie zu strotzen scheint. So hat Anthony Horowitz nicht einfach nur willkürliche Figuren entworfen, die ihren Platz in dieser Handlung einnehmen, sondern sich derart leidenschaftlich in das Geschehen eingefühlt, dass sogar seine ganz eigene Persönlichkeit einen Platz in diesem Mordfall findet. Er hat tatsächlich einen literarischen Protagonisten kreiert, der nicht nur seinen Namen trägt, aussieht wie er selbst, sondern auch Horowitz’ Wesen verkörpert. Kurz: Er hat sich ganz dreist selbstinsziniert und in die Story miteinbezogen! Somit sprechen wir nicht mehr von einem standardisierten Kriminalroman in Erzählform, sondern von einem biografischen, ich-bezogenen Auftritt Horowitz (der ganz nebenbei,...sinnbildlich für Dr. Watson stehen soll!), der in Zusammenspiel mit dem fiktiven, exzentrischen, jähzornigen Hawthorne (Klingelts? DAS ist die Verkörperung von Sherlock Holmes) einen Mordfall zu lösen hat. Ein kongenialer Schachzug, der nicht nur
Einblicke in das höchst interessante Autorenleben von Horowitz gewährt, sondern die Distanz zwischen Leser und Autor um ein Vielfaches verkürzt! Sensationell!
Außerdem besitzt Anthony Horowitz die besondere Gabe, Sätze/Handlungsteile im Raum stehen lassen zu können, die das Gehirn des Lesers prompt zum Weiterdenken und zum Befüllen des dadurch entstandenen Leerraumes animieren sollen. So lässt er genügend Interpretationsspielraum bei den Annäherungsversuchen der Charaktere und überlässt die Meinungsbildung für zwischenmenschliche Beziehungen der Leserschafft.
Ein weiterer positiver Nebeneffekt seines Storytellings, ist die Tatsache, dass sich seine Konzepte über die Maßen „very british“ anfühlen. Das mag einigen von euch möglicherweise sauer aufstoßen, ich hingegen begrüße diese attitüdenhafte Art der Erzählung durchaus, da sie sich stets positiv auf die literarische/sprachliche Entwicklung der Geschichte auswirken kann. Bei Anthony Horowitz ist dies - ganz klar! - auf der lobenswerten Seite der „Pro & Contra-Liste“ anzumerken. Aber auch die Protagonisten profitieren in punkto Alleinstellungsmerkmale und Eigenständigkeit davon, obwohl sie im Kern ihres Daseins dennoch gleich sind. (Sie verfolgen stets dieselbe Art und Weise sich zu positionieren.)
Ich wiederhole mich ja äußerst ungern, aber:
„Ich liebe die Geschichten von Anthony Horowitz.“
Inhaltsangabe:
Keine sechs Stunden, nachdem die wohlhabende alleinstehende Diana Cowper ihre eigene Beerdigung geplant hat, wird sie in ihrem Haus erdrosselt aufgefunden. Ahnte sie etwas? Kannte sie ihren Mörder?
Daniel Hawthorne, ehemaliger Polizeioffizier und inzwischen Privatdetektiv im Dienst der Polizei, nimmt die Spur auf. Aber nicht nur den Fall will er lösen, es soll auch ein Buch daraus werden, und dafür wird Bestsellerautor Anthony Horowitz gebraucht. Der wiederum sträubt sich zunächst, ist jedoch schon bald unrettbar in den Fall verstrickt. Fasziniert von der Welt des Verbrechens ebenso wie von dem undurchsichtigen Detektiv und dessen messerscharfem Verstand.
Ganz im Stil von Holmes und Watson begeben sich Hawthorne und Horowitz auf die Suche nach dem Mörder einer scheinbar harmlosen älteren Frau, in deren Vergangenheit allerdings schon bald dunkle Geheimnisse auftauchen. Eine atemberaubende Jagd beginnt...
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