Rezension: "Der Horror der frühen Medizin“ von Lindsey Fitzharris

Lindsey Fitzharris ist eine verdammt gruselige (im übertragenem Sinne), aber beachtenswerte junge Frau. Sie beschäftigt sich nicht nur in ihrer Freizeit mit medizinischen Quacksalbern, dreckigen Operationsälen, amputierten Gliedmaßen, Geschwüren, Eiterbeulen, Blut und Gedärmen, ihren Hang zum Morbiden hat sich auch in berufliche Kompetenz umgewandelt und lässt ihr Fachwissen regelmäßig durchscheinen. Glaubt ihr nicht? Sie schreibt für „The Guardian“ „The Huffington Post“, „The Lancet“ und „New Scientist“, sie betreibt die erfolgreiche Youtube-Serie „Under the Knife“ (Wissenswertes und Gruseliges aus der Welt der Chirurgie) und sie hat ganz nebenbei noch einen Doktortitel in Medizingeschichte. Gar kein Ding! Wenn also jemand über die verheerenden Anfänge der Chirurgie schreiben kann, dann ist das mit Sicherheit Lindsey Fitzharris.

 

Das Faszinierende an „Der Horror der frühen Medizin“ ist die beinharte Kombination aus historischer Dokumentation und Erzählung, wobei für mich ganz klar zu spüren war, dass es Fitzharris viel wichtiger war, die chronologische Abfolge der medizinischen Fortschritte darzustellen und weniger den Leser bei Laune zu halten. Dass die unterhaltsame Komponente aufgrund der brisanten Thematik automatisch mitschwingt, stützt das Interesse und die Qualität der Handlung ungemein.

 

Fazit:

 

Kurzum: Das ist beste Unterhaltung. Ohne die Intelligenz der Leser zu beleidigen, verknüpft Lindsey Fitzharris spannende Medizin-Praktika mit detailreichen Informationen aus der frühen Chirurgie. Dabei vergisst sie keineswegs auf die authentische Charakterdarstellung der Protagonisten.

 

Inhaltsangabe:

 

Grausig sind die Anfänge der Medizin: Leichenraub, blutige Operationen wie Kirmesspektakel, Arsen, Quecksilber, Heroin als verschriebene Heilmittel. Mitte des 19. Jahrhunderts ist das Unwissen der Ärzte sagenhaft, wie sie praktizieren, ein einziger Albtraum. Bis ein junger Student aus London mit seinen Entdeckungen alles verändert … Lindsey Fitzharris erzählt vom Leben dieses Mannes und vom Horror, den ein einfacher Arztbesuch damals bedeutete – schaurig, unterhaltsam, erhellend.

 

Als Joseph Lister 1844 sein Studium in London beginnt, ist die medizinische Versorgung der Bevölkerung desaströs: Die Krankenhäuser sind überfüllt und verseucht. Um aufgenommen zu werden, müssen Patienten genug Geld für die eigene Beerdigung mitbringen. In den Operationssälen arbeiten Chirurgen in Straßenklamotten vor schaulustigem Publikum. Warum fast alle Patienten sterben, wie sich Krankheiten ausbreiten, darüber herrscht nicht die geringste Einigkeit, nur hanebüchene Theorien. Joseph Lister wird dann Chirurg, er will ganz praktisch helfen. Und von Neugier und hellem Verstand geleitet, entwickelt er eine Methode, die das Sterben vielleicht beenden kann…

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