Rezension: "Die Geschichte der Hillary“ von Angel Gelique

Wer glaubt, diese obszöne, brachiale, durch und durch brutale Darstellung (...haupsächlich auf mentaler Basis) kann nur aus der Feder eines Mannes entstammen, den müssen wir an dieser Stelle leider etwas enttäuschen. Es handelt sich hierbei tatsächlich um das Storygebilde einer Frau: Angel Gelique.

Erzählt wird die Geschichte der 15-jährigen Hillary Greyson. Gefangen gehalten, benutzt, missbraucht??,...zu ihrem eigenen Schutz. Sagen die Ärzte. Ohne Erinnerungen begleitet man ein scheinbar hilfloses, mitleiderregendes Mädchen auf ihrem Weg durch die Odyssee des Leidens. Doch was niemand weiß: Hillary ist die mit Abstand schlimmste Serienmörderin aller Zeiten. Nun müssen auch die Ärzte erleben, was es heißt, in das Visier einer kaltblütigen Psychopatin zu geraten, noch dazu einer, die alles abschlachtet, was ihr in die Queere kommt...

 

Ich muss zugeben, dass ich unglaublich positiv überrascht bin. Die in diesem Genre so häufig auftretenden, unverzeihlichen Schönheitsfehler wurden hier merkwürdigerweise gänzlich ausgespart. Die Dialoge sind überdurchschnittlich gut geführt, die Handlung weiß mit Charme zu überzeugen, die sprachliche Komponente kann sich durchaus sehen lassen und die Hauptfigur hat ihre notwendigen Geheimnisse, ihre oftmals vermissten Ecken und Kanten. Man muss aber hier ganz klar betonen, dass sich die Brutalität eher auf subtiler, mentaler Ebene abspielt, weniger auf der körperlichen. (So verhielt es sich zumindest auf ca 200 Seiten; Am Ende geht es dann aber richtig ab!!!)

 

***************Beginn Spoiler***************

 

Großartig fand ich übrigens die Darbietung Hillarys Gefühlszustände. Diese reichen von vollkommener Katatonie, geistiger Resignation, bis hin zu explosionsartigen Gewaltausbrüche. Ich habe ihr jede Regung, jeden Satz, jeden Einwand und jeden Vorwurf so sehr abgenommen, dass ich mir hinterher nur an den Kopf greifen musste. Man könnte sagen, Angel Gelique hat mich ab der ersten Buchseite - im positiven Sinne - vollkommen verarscht.

 

***************Ende Spoiler***************

 

Mit dieser erst kürzlich erschienenen „Festa-Extrem“-Ausgabe, setzt sich der Verlag selbst ein kleines Denkmal und zeigt ganz bewusst, wie sehr sich dieses Horror-Genre ausdehnen lässt. Hier fließen die Zweifel in Strömen, hier dient ein „Hilfeschrei“ der Motivation, hier wird dem Leser - teilweise völlig unzumutbar - aufs Maul gehauen. Recht so, denn die Handlung - seien wir mal ehrlich - zielt doch größtenteils darauf ab uns zu schockieren, uns das Grauen zu lehren, uns „zum Aufhören zu bewegen“. Aber: Kein Buch auf dieser literarischen Welt kriegt uns klein! Niemals! 😉

 

Fazit:

 

„Die Geschichte der Hillary“ ist ein absolutes Schmuckstück für Genre-Fans. Sie ist in der Gewaltausübung zwar harmloser als ich erwartet hatte, kommt aber mit jeder Menge mentalter Folter daher. Sie ist quasi DER dialoglastige Schlagabtausch zwischen Mitleid, Vernunft und Selbstzweifel. Optisch großartig gestaltet, darf man sich außerdem über eine starke Charakterisierung, viel (kopflastige) Brutalität und grenzwärtige Szenenbilder freuen.

 

Für eingefleischte Horror Fans, die diese knallharten Revenge-Dinger wie „I spit on your grave“ gerne mögen, ein absolutes Lesehighlight. Genre-Neulingen würde ich dennoch raten, äußerst behutsam mit der Lektüre umzugehen und die Kotztüte vorsichtshalber schon mal ans Bettende zu binden.

 

Die Autorin meint im „Nachwort“:

 

„Ich möchte den Leser schockieren und ihn ängstigen, will in seinem Kopf alle möglichen kranken, irren Bilder erwecken. Er soll Traurigkeit, Hass, Zorn, Verwirrung und Ekel fühlen. Ab und zu soll er auch Grinsen. Aber am meisten will ich ihm Angst machen. Das ist nichts Persönliches, aber darin bin ich nun mal gut.“

 

Mit diesen mehr als zutreffenden Worten schließe ich diese Buchbesprechung und empfehle diese nervenstrapazierende Geschichte als absoluten VOLLTREFFER sehr gerne weiter!

 

P.S.: Aber seid gewarnt: ...ab hier wird das Lesen zur Mutprobe!

 

Inhaltsangabe:

 

Gefangen gehalten von mehreren Ärzten, die ihr einreden, dass alles nur zu ihrem Besten sei, hat die 15-jährige Hillary keinerlei Erinnerungen an ihre Vergangenheit. Doch Hillary ist alles andere als ein unschuldiges Mädchen. Hillary Greyson ist die brutalste Serienmörderin aller Zeiten. Nun müssen auch ihre Ärzte erleben, was es heißt, in das Visier einer Psychopathin zu geraten, noch dazu einer, die alles abschlachtet, was ihr in die Quere kommt ...

Eine Revenge-Torture-Serie aus dem literarischen Underground Amerikas. Sind Frauen doch die brutaleren Schriftsteller?

Kommentar schreiben

Kommentare: 0