Rezension: "Montpelier Parade“ von Karl Geary

Gleich zu Beginn der Buchbesprechung möchte ich die prägnanteste Besonderheit des Romans in den Vordergrund stellen:

Den Schreibstil. Und der ist wahrlich sonderbar. Denn Karl Geary lässt seinen Protagonisten, seinen Erzähler in der zweiten Person singular, teils im Präteritum (Verb ‚heben‘: Du hobst...), teils im Perfekt (Verb ‚gehen’: Du bist gegangen...) auftreten. Und dies aber nicht in der Form eines voyeuristischen Beobachters, sondern in direkter, penetranter Form der Kommunikation mit dem Leser. Er kreiert zwar einen Hauptcharakter, formt ihn großteils selbst, lässt ihn aber dann so erscheinen, als wäre er der Betrachter selbst. Dieses Prinzip lebt der Autor über die gesamte Lesedauer und bleibt dieser Art und Weise treu. Ähnliches - obwohl der Vergleich aufgrund des Genres ein wenig hinkt - erlebt man immer wieder mal bei Zoran Drvenkar, der auch gerne in diese Erzählstruktur eintauchen lässt.

Einen ganzen Roman in derartiger Aufmachung zu lesen, in dem diese Vorgehensweise stark dominiert, ist eine ganz eigene Nummer. Eine überaus seltsame und selten vorkommende Form der Darstellung.

Ob man sich damit allerdings anfreunden, bzw. arrangieren kann, kann man leider nur selbst beurteilen/herausfinden.


Die Ausarbeitung der Struktur des Protagonisten kann ich eigentlich nicht wertfrei beurteilen, da dies - aufgrund der Darbietung über die 2. Person - ganz klar im Auge des Betrachters liegt.

Beobachtet man die Figuren aus der „zweiten Reihe“, so tut man sich mit der Charakterisierung erheblich leichter.

Obwohl die von Karl Geary ausgewählte Form der Erzählung interessant rüberkommt, zudem auch noch unglaublich viel Nähe schafft, so kann sie im Gegenzug aber auch Vieles zerstören. Liegt einem der Protagonist nicht am Herzen, fällt es dem Leser schwer sich mit dieser Person zu identifizieren, so dürfte man einem enormen Problem gegenüberstehen. Zur Erinnerung: Protagonist = Leser

Unter diesen Umständen wird es - mit steigender Seitenanzahl - zunehmend schwieriger, der Objektivität das Zepter in die Hand zu drücken.


Fazit:


Obwohl mich die Story weder emotional, noch inhaltlich so richtig abholen konnte, möchte ich dennoch anmerken, dass mir die außergewöhnliche Art und Weise des Stils imponiert hat. Zugegeben: Mit Perfektion wird dieses Roman nicht glänzen. Auch die Figurenausarbeitung bleibt gewöhnungsbedürftig. ABER: Der Stil drückt der Geschichte einen unverwechselbaren Stempel auf. Wer Lesevorlieben ein wenig zur Seite schieben und sich auf das Bevorstehende einlassen kann/will, wird mit Sicherheit belohnt.


Inhaltsangabe:


Dublin im Vorfrühling: Sonny ist ein Teenager aus einfachsten Verhältnissen, es fehlt in seiner Familie an Geld, Glück und einem Minimum an Liebe. Neben der Schule jobbt er bei einem Metzger, was bleibt einem wie ihm sonst auch übrig? Außerdem hilft er dem Vater, der sein Geld mit Handwerksarbeiten in Häusern reicher Leute verdient (und gleich wieder verspielt). Bei einem dieser Jobs lernt Sonny Vera Hatton kennen, eine spröde, irgendwie verletzt wirkende Engländerin mittleren Alters, die ganz allein in der prächtigen Villa an der Montpelier Parade wohnt. Auf den ersten Blick schon ist er fasziniert von ihr. Vera besitzt Unmengen an Büchern, und so freundlich sie zu ihm ist, die Kluft zwischen ihren Welten scheint unüberwindbar. So steht Sonny abends manchmal heimlich in ihrem Garten. Schaut ihr durchs Fenster zu. Und wird - als Zeuge eines Selbstmordversuchs - ihr Lebensretter. 


Zu Hause und in der Schule türmen sich derweil die Probleme, und eines Tages klingelt Sonny betrunken und schmutzig an Veras Haustür. Sie lässt ihm ein Bad ein, bereitet ein Bett auf der Couch, aber am Ende liegt er in ihrem. Eine ganz und gar verbotene Beziehung nimmt ihren Lauf. Vera sagt, es kann nicht gut enden. Und irgendwann erzählt sie Sonny eine erschütternde Geschichte …


Pressestimmen:


Gearys Romandebüt ist gleich als Klassiker angetreten, eine reine Liebesgeschichte irgendwo zwischen den Filmen von Ken Loach und 'Die Reifeprüfung' mit Dustin Hoffman. (GQ) 


Ein Buch so bescheiden, intim und poetisch wie Sonnys Verhalten Vera gegenüber, wie sein Blick auf sie, die Sternschnuppe, die kurz vor dem Erlöschen steht. Aber das weiß er schon. (Lire) 


Ein Buch, das ich sehr mag. (Isabelle Huppert) 


Ein zu Recht gefeiertes Debüt (…) Geary ist eine genuine Begabung. (…) Das Gefühl von Intimität, das sich durch die Erzählung in der zweiten Person einstellt, wird brillant aufrechterhalten, die Dialoge sind durchweg makellos. (Daily Mail) 


Unglaublich stark. (Sunday Mirror) 


Ein verheißungsvolles Debüt (…) Der Roman liest sich wie der Beginn einer Serie über das Leben von Sonny. Die Figur ist dafür faszinierend genug. Und der Autor ist es auch. (The Guardian) 


Eine bittersüße Liebesgeschichte (…) ein ungewöhnlich lebenspraller Roman, der das Leben präsentiert, wie es ist, nicht wie es Scriptwriter in Hollywood gerne hätten.

(Press Association) 


Diese tragische Liebesgeschichte aus Dublin markiert das Debüt einer eindrucksvollen literarischen Begabung ... eine unvergessliche Liebesgeschichte. (Financial Times) 


Eine bewegende und äußerst atmosphärische Coming-of-Age-Story mit einer tragischen Liebesgeschichte im Zentrum.

(The Irish News) 


Ein kraftvolles Debüt über eine hoffnungslose Liebe … strahlend … meisterhaft …brilliant erzählt, voller Spannung und Zärtlichkeit … unvergesslich. (Irish Times)

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