Kommt euch das irgendwie bekannt vor?
Seelisch gebrochene Frau zieht sich zurück, lebt als Einsiedlerin, verbarrikadiert sich, beobachtet ihr Umgebung. Manisch. Ertränkt die eigenen Sorgen und Psychosen in Alkohol. Dann passiert es: Der erste Mord. Und sie hat alles gesehen.
Plötzlich ist die Protagonistin gefordert. Sie wird zur Zeugin. Blöd nur, dass diese allgegenwärtigen Angstzustände ihr das Verlassen der eigenen vier Wände verweigern.
Was tun? Klassiker: Weiter beobachten. Sich im Netz schlaumachen. Verzweifeln. Telefonieren. Die Polizei verständigen. Doch wer glaubt schon einer psychisch kranken Person, die ihre Medikamente am liebsten mit Whiskey runterspült. Antwort: Niemand! Und so wird der Zerfall des Charakters immer intensiver, die Zweifel größer, die Auswege kleiner.
Soweit so gut. Bis hierhin unterscheidet sich der Roman lediglich durch die Namen der Personen und den vom Autor erzeugten Sprachstil. Jetzt kommen wir aber zu vier entscheidenden Fragen/Faktoren:
1. Welche Abzweigung, welche Richting schlägt die Handlung ab sofort ein?
2. Entwickelt sich die Protagonistin weiter? Wenn ja,...wie?
3. Auf welche Überraschungen darf sich der Leser freuen?
4. Auf welche Weise kann sich die Story behaupten und sich von ähnlichen Titeln abheben.
Wie ihr vielleicht schon wisst, bin ich nicht der allergrößte Fan von Cliffhangern, oder anderen technischen Hilfsmitteln. A. J. Finn hat das aber ganz charmant gelöst. Er nimmt sich bewusst zurück, lässt seiner Handlung viel Raum sich zu entfalten,...startet äußerst bedacht, fast zaghaft. Ich muss aber zugeben: Die künstlichen, gezwungen komödiantischen Sätze sind mir in den ersten Kapiteln ziemlich auf die Nerven gegeangen. Dies hat in mir die Frage ausgelöst: „Welche Frau handelt so merkwürdig? Entspricht das der Norm? Soll so dieses Krankheitsbild aussehen? Eher unglaubwürdig, oder?!“
Es gibt aber sofort Entwarnung: Nach den ersten wirklich gut geführten Dialogen - keine Ahnung warum dies der Fall war - hat sich die Erzählstimme geändert. Gebessert. Sie wurde ernstzunehmender, klüger, hat sich der Situation der Hauptfigur angepasst. Außerdem muss ich festhalten, dass mir Anna Fox um ein Vielfaches sympathischer/zugänglicher war, als Paula Hawkings‘ von Selbstmitleid zerfressenes „Girl on the Train“.
Warum muss ich mir als Leser überhaupt einen Charakter vorsetzen lassen, der den Anschein erweckt, tough und ausgefuchst zu sein, obwohl man weiß, dass er in dieser Sekunde innerlich zerfällt? Auch hier hat A. J. Finn - ganz einfach - bessere Arbeit geleistet.
Fazit:
Der springende Punkt ist: Obwohl der Roman in Sachen Handlungs-Ausführung, Charakterdarstellung und - nach kleinen Startschwierigkeiten - auch auf der Stilebene durchaus zu überzeugen weiß, hatte ich ständig das Gefühl, sämtliche Story-Komponenten bereits zu kennen. Als hätte der Autor ein kleines Best-of aus Titeln wie „Girl on the train“, „Das Fenster zum Hof“, „Gone Girl“, „Die Falle“...und „Du darfst nicht schlafen“ zusammengetragen und als „The Woman in the Window“ ausgegeben. Ich möchte niemandem etwas vorwerfen, aber hier hätte ich mir ganz einfach mehr Eigenständigkeit erwartet. Zudem gibt es - aufgrund der etwas zu ausführlich Darstellungen - einige Längen.
Unterm Strich bleibt für mich aber ein massenkompatibler, filmtauglicher Spannungsroman übrig, der zwar die Messlatte im Genre nicht besonders hochhängt, an Unterhaltungswerten aber einiges für den Leser übrig hat.
Inhaltsangabe:
Anna Fox lebt allein. Ihr schönes großes Haus in New York wirkt leer. Trotzdem verlässt sie nach einem traumatischen Erlebnis ihre vier Wände nicht mehr. Anna verbringt ihre Tage damit, mit Fremden online zu chatten, zu viel zu trinken – und ihre Nachbarn durchs Fenster zu beobachten. Bis eines Tages die Russels ins Haus gegenüber einziehen – Vater, Mutter und Sohn. Bei dem Anblick vermisst Anna mehr denn je ihr früheres Leben, vor allem, als die neue Nachbarin sie besucht. Kurze Zeit später wird sie Zeugin eines brutalen Überfalls. Sie will helfen. Doch sie traut sich nach wie vor nicht, das Haus zu verlassen. Die Panik holt sie ein. Ihr wird schwarz vor Augen. Als sie aus ihrer Ohnmacht erwacht, will ihr niemand glauben. Angeblich ist nichts passiert ...
Weitere Pressestimmen:
»Dieses Buch von A.J. Finn ist ein Knaller. Der Autor hat ein Händchen für glaubwürdige Protagonisten und nimmt sich die Zeit, sie den Lesern nahezubringen.« (Stern, 22.03.2018)
»Psychothriller, Familiendrama und eine Hommage an den Hitchcock-Klassiker 'Das Fenster zum Hof'.« (Brigitte, 14.03.2018)
»Nie wurde der Leser raffinierter in die Irre geführt.« (BUNTE, 15.03.2018)
»A.J. Finn schreibt ein herausragendes Profil von Anna und ihrer Krankheit: detailliert, feinfühlig, wissend. Und er komponiert Spannung, als spielte im Hintergrund leise bedrohliche Filmmusik. Das ist berührend, intelligent, überraschend – und faszinierend vielschichtig.« (Kristina Appel / emotion, 07.03.2018)
»Ein genialer Thriller …«
(Marcel Wollscheid / FOCUS, 10.03.2018)
»Superspannend …« (ELLE, 05.03.2018)
»Ein Erstling, der kunstvoll Wahrheit, Wahn und Wirklichkeit mixt.« (FÜR SIE, 12.03.2018)
»'The Woman in the Window' sticht aus der Krimilandschaft hervor. […] A. J. Finn hat einen ungemein packenden Thriller geschrieben ...«
(Die Presse, 18.03.2018)
»US-Debüt der Meisterklasse. So überdurchschnittlich in der Sprache, der Entfaltung eines grandiosen Plots, der langsamen Enthüllung dessen was geschah. […] Zurecht ein Bestseller.« (WDR 5 „Scala“, 20.03.2018)
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